Ein paar alte Damen – Abyaneh

Taxi, die Zweite! Nur dieses mal ohne Totenscheine und ohne Text. Unsere Fahrerin schweigt. Wir raten den Inhalt ihrer sehr seltenen Sätze auf Englisch, obwohl wir uns diesen auch schon fast denken können. Das versteht also der teppichverkaufende Agentur-„Chef“ unseres Taxis unter „Sie spricht sehr gut Englisch!“. Das Bilderwörterbuch auf dem Amaturenbrett rutscht munter vor meiner Nase hin und her, als wolle es uns sagen „Schau mich an und verstehe die Welt!“.

Auf dem Weg nach Abyaneh

Auf dem Weg nach Abyaneh

Zusammen mit meinen neuen Reisebegleitern Caro und Gerhard sitze ich im iranischen/französischen Mixwagen, einem Peugeot. Hier ist nur das Design französisch hat man uns erklärt; alles Marke Eigenbau im Iran. Nur die Heizung funktioniert typisch iranisch: Volle Pulle für Rundumhitze und Fenster zum Kühlen der überlebenswichtigen Körperteile; damit man immer einen kühlen Kopf bewahrt, egal wie rassant die Fahrweise auch ist. Die engen Kurven zum Bergdorf Abyaneh schneidet unsere Fahrerin perfekt und achtet minutiös darauf, dass mir bei Gegenverkehr mindestens eine Schweißperle die Stirn herunterläuft.

Fin Garten

Aber nochmal kurz zwei Stunden zurück gespult, um ein kleines Highlight nicht auszulassen. Der Fin Garten von Kashan steht noch auf der Besuchsliste. Es wird nicht der letzte Garten sein, der mich mit seinen schlappen fünf Dollar Eintritt etwas knurren lässt. Das zehnfache des lokalen Preises muss der Garten erstmal wert sein.

Fin Garten von Kashan

Fin Garten von Kashan

Im winterlichen Aussehen der Bäume wirkt der Garten etwas durchsichtig. Die Kälte entlockt dem Wasser in den Kanälen einen leichten Dampf. Im Zusammenspiel mit den Pavillions liegt über dem Garten eine verträumte Atmosphäre. Diese Atmosphäre färbtsich sofort auf uns ab, als wir das Auto wieder betreten. Die sanfte Autobahn in Richtung Abyaneh lässt uns drei in den Schlaf gleiten.

Erst als wir von der Autobahn abfahren wachen wir auf. Pünktlich um einen Blick auf berühmt, berüchtigte Atomanlagen zu werfen. Das Foto verkneifen wir uns, auch weil es nichts wirklich spannendes zu fotografieren gibt.

In die Berge

Zurück in die Gegenwart. Wir bekommen ausreichend Zeit, um Abyaneh zu erkunden. Der Reiseführer kündigt den Ort an mit „Population: a few old ladies“, „Einwohnerzahl: Ein paar alte Damen“. Wir lassen uns überraschen, wandern von der Hauptstraße auf den Pflasterweg und durchqueren das Stadttor. Ein Schild am Wegesrand kündigt eine autofreie Zone an. Da Schilder hier nur Schmuck sind, müssen mir auch gleich einem Auto platz machen und machen sogleich die erste Bekanntschaft mit einer älteren Dame. Noch bevor wir überhaupt eine Idee von dem Dorf haben, wird uns „Lavashak“ angeboten. Lavashak ist eine Art säuerlicher, flach getrockneter Fruchtbrei aus Pflaumen. Wir lehnen erst einmal ab. Auch die getrockneten Birnenchips vertagen wir auf später.

"A few old ladies"

„A few old ladies“

Die Straße führt uns leicht bergab. Rechts von uns mündet der Hang einige hundert Meter weiter im Tal um gleich danach zu einer prächtigen Bergkulisse anzuwachsen. Wie gerne ich bei diesem Anblick einfach nur losstiefeln würde, um die Berge zu erklimmen. Aber so viel Zeit haben wir nicht eingeplant und müssen uns mit dem Ausblick vom beschaulichen Bergdorf zufrieden geben.

Haus in Abyaneh

Haus in Abyaneh

Durch Zufall treffen wir einen iranischen Touristen mit guten englischen Sprachkentnissen. Er sieht uns verzweifelt mit einer alten Dame reden und kommt als Übersetzer zur Hilfe. Ob es an ihm oder den wortgewandten Fähigkeiten der Frau liegt, ist mir nicht ganz klar. Fünf Minuten später sind meine Taschen voll mit Birnenchips und Lavashak. Genügend Verpflegung für die nächsten Tage und somit die beste Voraussetzung, den Bergkamm über dem Dorf zu erklimmen. Wir sind ganz überrascht, als wir das Fort finden. Das kommt davon, wenn man ohne Erwartungen und Vorbereitung einen Ort erkundet. Caro freut sich mit ihrer Höhenangst besonders, als wir die Abkürzung zurück ins Dorf wählen.

Festung über Abyaneh

Festung über Abyaneh

Das „rote Dorf“ fasziniert nicht nur mit einer traditionellen Lehmbauweise, sondern auch mit den lokalen Trachten, die die Frauen tragen. Die kleinen verwinkelten Gassen, die kleinen Schneeflecken, das schimmernde Rot der Fassaden und die Berge; all das verschmilzt zu einem Gesamtkunstwerk in Abyaneh.

Wir lassen uns nur ungerne aus dem Traum reißen, aber die Fahrt soll weitergehen.

1001 Nacht als Karte

    Wie teuer ist es im Iran?

    Für alle Reiseinteressierten gibt es auf der Seite Wie teuer ist die Welt? – Iran eine Zusammenstellung der Kosten für die Reise in den Iran.

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