Isfahan – 1001 Nacht

Meine Augen fallen zu. Gerade noch war ich mit Gerhard und Caro in Abyaneh wandern und jetzt sitzen wir im Auto nach Isfahan. Die Straße ist so ruhig und sanft, ich schlafe ein. Erst mit dem ersten Stop-and-Go am Stadtrand wache ich wieder auf. Es scheinen Ewigkeiten zu vergehen, als wir durch den industriellen Gürtel fahren und auch in der Stadt selbst sind die Entfernungen enorm. Die knapp zwei Millionen Einwohner der Stadt aus 1001 Nacht machen sich bemerkbar.

Erste Begegungen in Isfahan

Wie soll ich bloß diese riesige Stadt erkunden? Tausende Sehenswürdigkeiten und diese bis ins feinste Details geschmückt, kleine Gassen, große Achsen und riesige Plätze. Überall kleine Cafés und Restaurants; Schätze, die man selbst gar nicht finden kann. Ich brauche Unterstützung!

Scheich Lotfollah Moschee in Isfahan

Scheich Lotfollah Moschee

Kurz nach dem Einchecken in das Hotel treffen Gerhard, Caro und ich auf drei Couchsurferinnen aus Isfahan. Ich hatte den Kontakt schon vor einigen Tagen aufgebaut. Um ehrlich zu sein: Ich wurde gefunden. Einmal eine öffentliche Reise bei Couchsurfing eingestellt, kann man sich fast sicher sein, dass man im Iran angeschrieben wird. Ob zum Kaffee trinken oder auch für eine Unterkunft. Ich musste so einige Male die öffentliche Reise bei Couchsurfing wieder entfernen; ich konnte gar nicht mehr die ganzen Nachrichten beantworten.

Bazaar von Isfahan

Bazaar von Isfahan

Wir treffen uns auf dem Naqsh-e Jahan Platz, dem zweitgrößten Platz der Welt. Die Abenddämmerung setzt gerade ein. Der strahlend blaue Himmel färbt sich an seinen unteren Kanten langsam orange und geht über in der Harmonie der Farben in das helle Orange der Gebäude um den Platz herum. Mein Blick schweift einmal um den Platz herum. Wie gefesselt folgen meine Augen den zweistöckigen Arkaden, um auf allen vier Seiten ein besonderes Highlight zu finden: die Scheich Lotfollah Moschee „Masdsched-e-Sheich Lotfollah“, die Königsmoschee „Masdsched-e Emam“, die Hohe Pforte „Ali Qapu“ und der Eingang zum königlichen Bazaar „Bazar Qeisarieh“.

Königsmoschee "Masdsched-e Emam"

Königsmoschee „Masdsched-e Emam“

Der Platz und die Gebäude wurden zwischen 1601 und 1630 fertiggestellt und sind damals wie heute der kulturelle Mittelpunkt der Stadt. Wie auch wir, flanieren auf dem Platz und in den Arkaden Einheimische bis spät in die Nacht. Wir durchschreiten das Tor zum königlichen Bazaar und tauchen ab in die Gassen. Ein Laybrinth mit tausend Ausgängen. Wir bleiben aber an der Oberfläche und in der Nähe des Naqsh-e Jahan Platzes. In einer Seitenstraße spuckt uns eine der vielen Gassen aus. Zum Abendbrot finden wir in einem kleinen Restaurant die lokale Spezialität Beryani; gekochtes und gehacktes Lammfleisch, welches nochmals gegrillt und auf Fladenbrot serviert wird.

Zum Ausklang des ersten Abends setzen wir uns in ein kleines Café, trinken gemeinsam Tee und unterhalten uns über Kultur und Leben in Deutschland und dem Iran.

Bis ins letzte Detail

Der nächste Morgen beginnt etwas in grau. Die Farbe blau liegt im Smog verborgen. Der Naqsh-e Jahan Platz müht sich etwas, seine Pracht zur Schau zu stellen und nur aus der Nähe lassen sich die wunderschönen Details der einzelnen Moscheen und Paläste erkennen. Zusammen mit den Couchsurferinnen gehe ich auf Entdeckungstour und wir besuchen nochmal die Orte, die gestern in der Dämmerung etwas zu kurz gekommen sind.

Hohe Pforte "Ali Qapu"

Hohe Pforte „Ali Qapu“

In der Königsmoschee probieren wir das große Echo in der Kuppel aus, vom Ali Qapu Palast aus bestaunen wir die Architektur des Platzes mit den Wasserspielen in der Mitte. Dabei wartet der Ali Qapu Palast auch mit den wunderschönen Details des Musizierzimmers auf.

Mosaike ohne Ende in der Kuppel der Königsmoschee

Mosaike ohne Ende in der Kuppel der Königsmoschee

Die Details prasseln nur so auf mich ein. Ich sehe das Muster vor lauter Mustern nicht. Es ist unbegreiflich, wie feingegliedert die Mosaiken, wie filigran die Wandtäfelungen und wie akkurat die Malereien sind. In Isfahan kann man sich ins Detail verlieren und man würde nie wieder auftauchen. Ich bin froh, dass mir jemand die Orte zeigt.

Auch den Ort für den besten Pudding der Stadt bekomme ich gezeigt. Die Lokalität wird in den nächsten Tagen mein beliebtester Anlaufpunkt für Fereni, den wahrscheinlich besten Pudding der Welt.

Übers Wasser

Der Weg durch die Stadt führt uns vorbei am Tschehel Sotun Palast, Hascht-Behescht-Palast und führt weiter Richtung Süden bis an den Fluss von Isfahan. Hier erwartet mich die Si-o-se Pol oder auch die „33-Bogen-Brücke“ genannt. Auf zwei Ebenen führt die 1602 gebaute Ziegelstein-Brücke über den Zayandeh Rud. Sie ist Teil der Hauptachse mit der Chahār Bāgh Avenue und verbindet die königlichen Paläste und das armenische Viertel im Süden.

33-Bogen-Brücke "Si-o-se Pol"

33-Bogen-Brücke „Si-o-se Pol“

Die Si-o-se Pol wird durch zwei weitere großartige Brücken ergänzt; durch die Pol-e Schahrestan und die Pol-e Chadschu.

Die Pol-e Chadschu zieht mich immer wieder magisch an. In der unteren Ebene geben Sänger zu jeder Tages- und Nachtzeit ihr Bestes und nutzen die gute Akkustik der insgesamt 23 Brückenbögen. Unten wie auch oben treffen sich am Freitag, dem europäischen Sonntag, hunderte Isfahanies, um zusammen zu picknicken und den Gesängen zu lauschen.

Pol-e Chadschu

Pol-e Chadschu

Weltoffen

Im Süden des Flusses schließt sich das armenische Viertel „Dschulfa“ an. Es fühlt sich ein wenig an, als wäre man in einer anderen Welt. Ich habe das Gefüh, die Stadt gewechselt zu haben. Es ist schon dunkel und auf den Straßen ist eine Menge los. Jugendliche treffen sich in Cafés, die Straßen sind belebt und es erinnert mich etwas an europäische Städte. Ich fühle mich hier wohl.

Wank-Kathedrale

Wank-Kathedrale

Durch Zufall treffe ich einen weiteren lokalen Couchsurfer. Er lädt mich in das Atellier eines Freundes ein. Dort treffe ich auf moderne Fotokunst und auf aufstrebende, hoch motivierte Iraner, die weltoffen und fordernd ihrem Land beiseite stehen. Es ist ein spannender kultureller Wandel, der sich meiner Meinung nach die nächsten Jahre fortsetzen wird.

Wandmalereien in der Wank-Kathedrale

Wandmalereien in der Wank-Kathedrale

Mein Stadtrundgang endet hier im Dschulfa-Viertel. Vor mir liegt die Wank-Kathedrale. Von außen ein eher unscheinbarer Bau, der durch hohe Mauern abgeschirmt wird. Innen übertreffen die Wandgemälde jeglichen Verstand. Ein Meisterwerk christlicher Kunst trifft in Isfahan auf jahrhunderte alte perische Kultur.

Isfahan überrascht, überwältigt und begeistert!

1001 Nacht als Karte

    Wie teuer ist es im Iran?

    Für alle Reiseinteressierten gibt es auf der Seite Wie teuer ist die Welt? – Iran eine Zusammenstellung der Kosten für die Reise in den Iran.

    2 Antworten zu “Isfahan – 1001 Nacht

    1. Ein toller Artikel über Isfahan und die enorme Gastfreundlichkeit der Iraner. Ich selbst war noch nie im Iran, interessiere mich aber sehr für die Kultur und möchte unbedingt hinreisen.
      Alles Liebe, Julia

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