Patagonien – Bis ans Ende der Welt

Gefühlt bin ich noch nicht angekommen. Doch seit nun schon fünf Tagen sitze ich mit Christian in Zügen, Flugzeugen und Bussen. Hier und da mal ein Taxi, eine Metro und etwas zu Fuß. Nur das Bootfahren ist uns noch nicht gelungen. Unser Ziel liegt noch genau zwei Tage entfernt: El Chaltén.

Bei mir macht sich komischer Weise der Frust etwas breit. Die Unsicherheit, in der wenigen Zeit zu viel geplant zu haben, die etwas mystischen Busverbindungen und ein kleiner zerstörter Traum. Wie wir uns so verplanen konnten, ist mir ehrlich gesagt schleierhaft.
Flugzeug in Santiago

Seit Monaten bereiten wir uns auf diese Reise vor: erst Patagonien, dann Bolivien und dann unser großes Ziel – der Aconcagua. Nur bei der Planung von Teil 1 ist uns der große Lapsus passiert. Mit Schrecken stellt sich noch vor dem Frühstück in Santiago der Chile heraus, dass es keine freien Plätze auf den Campingplätzen im Torres del Paine Nationalpark gibt. Unser Wunsch das W im Park zu laufen ist hinüber.

Wir brechen unseren geplanten Stadtrundgang ab und suchen nach Alternativen. Unser Check-Out naht mit unbarmherziger Geschwindigkeit. Mit halben Gedanken, einem leeren Magen und einem unguten Gefühl verlassen wir das Hostel. Als der Flieger nach Punta Arenas abhebt und in den Wolken verschwindet, sinkt meine Laune immer tiefer.
Nach knapp zwei Stunden Flug meldet sich der Pilot und kündigt zur linken Seite den Fritz Roy und seine umgebenden Gletscher an. Ein Moment, der den Tag „Drei“ der Reise wieder auf den Damm zurück holt. Die Vorfreude auf El Chaltén ist zurück. Unser Plan B ist vague formuliert: einfach in Argentinien wandern.

Fitz Roy und das patagonische Inlandseisfeld

Als das Flugzeug wenige Minuten später den Torres del Paine Nationalpark überfliegt, kommt etwas der Wehmut zurück. Es sieht einfach nur atemberaubend aus. Vom Flugzeug aus sind die unzähligen Gletscher und ihr Verlauf wunderbar zu erkennen. Die Sonne steht so tief, dass sich ihr Licht in den vielen Fjorden spiegelt und uns ein goldenes Licht entgegenwirft.
Im Landeanflug auf Punta Arenas überfliegen wir noch die Isla Magdalena, die für ihre Pinguin-Kolonie bekannt ist.

Torres del Paine

Mit unseren riesigen Rucksäcken mit der Ausrüstung für die gesamte Tour stolpern wir in unsere Unterkunft. Samuel, der Hausherr des Samarce House, empfängt uns aufs Herzlichste. Ich habe kurz das Gefühl angekommen zu sein. Die Realität mit zwei weiteren Tagen Busfahrt holt mich dennoch bald wieder ein.

Steg in Punta Arenas

Samuel und seine Frau Manuela leben seit fünf Jahren in Punta Arenas und haben mit ihrer Familie ein kleines Bed&Breakfast-Hotel aufgebaut. Etwas eng, aber unheimlich offen und gemütlich geht es hier zu.
Wir erkunden noch etwas die Stadt in der Abenddämmerung und bestellen im La Luna Samuels Lieblingsspeise: scharfe überbackene Shrimps. Dazu eine Flasche Wein aus Feuerland. Alle Probleme sind schnell vergessen – Genuß pur.

scharfe überbackene Shrimps

Mit dem nächsten Tag kommt der Reisealltag zurück. In der „Zona Franca“ kaufen wir Gaskartuschen und die Verpflegung für die nächsten Camping-Tage. Die Kalorien läppern sich, aber auch das Gewicht. Ein Kunststück, die vielen Sachen im Rucksack unterzubringen.

Unser Stadtrundgang in Punta Arenas führt uns durch die Geschichte der Stadt. Jeder Grünstreifen ist geziert mit Statuen von Seefahrern und Entdeckern. Aber auch mit lokalen Bekanntheiten. Die Stadt an der Magelanstraße war seit jeher ein Ausgangspunkt für Antarktis-Expeditionen. Viele berühmte Entdecker starteten von hier und die Stadt würdigt ihre Besucher.

Stadtbild von Punta Arenas

Vom Mirador Cerro de la Cruz aus blicken wir über die Stadt: einer Mischung aus alten und neuen Gebäuden, aus stilecht und heruntergekommen, einer Stadt mit dem gewissen Flair einer Hafenstadt und dem Zentrum für die Region. Manch einer würde sagen, hier gibt es nichts zu sehen, dafür aber mehr zu entdecken. Hier besteht die Möglichkeit, Ruhe und Erholung zu finden, aber auch das Gegenteil. Die Offenheit der Leute ist bemerkenswert: im Supermarkt stehen überall Trauben von Menschen vertieft in Gespräche. Auf den Straßen ist Leben. Wir beenden unsere Tour und kehren zurück ins Hostel – Energie tanken.

Obwohl wir nun so ziemlich alles für die nächsten Tage organisiert haben, fühle ich mich immer noch nicht angekommen.
Das Ende der Welt ist einfach weit und der Weg holprig.

Busfahrt nach El Calafate

Expedition 6000+

Dieser Artikel ist Teil meiner Serie „Expedition 6000+„. Sie führt zwei Monate durch die schönsten Wanderregionen Südamerikas von Patagionen, Bolivien bis zum höchsten Punkt der Reise, dem Aconcagua in Argentinen. Folge der Reise und genieße die weiten Landschaften, hohe Berge und die abwechslungsreiche Kulturen Südamerikas.

    Eine Antwort zu “Patagonien – Bis ans Ende der Welt

    1. Mit dem Bericht und die Fotos kommen bei mir ganz viele Erinnerung hoch! Geiles Land, tolle Reise! Ich freue mich auf die weiteren Berichte…

    Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert