Die falschen Reiseführer von Kashan

Oh Gott, ist das kalt! Wer hat den hier den Kühlschrank offen gelasssen? Es ist 3 Uhr nachts und meine Decke ist abgehauen. Und nicht nur dieses! Es ist saukalt. Der Heizkörper neben meinem Bett rauscht sich zu Tode und kämpft gegen die Kälte. Es zieht ohne Ende in meinem Zimmer. Das traditionelle Hotel liefert gleich traditionelle Belüftung mit: offene Fenster. Im Sommer sicher praktisch, aber jetzt gerade Mitte Dezember ist es nicht angenehm. Ich ziehe mir wieder die Decke über den Kopf und schlafe weiter. Meine erste Nacht im Iran und nach dem langen Tag gestern wirklich eine wichtige: zum Schlafen!

Hotel in Kashan

Hotel in Kashan

Der Wecker

Als würde es hier einen Wecker geben. Ich wache einfach auf und beschließe, dass es Zeit ist zu frühstücken. Hier muss ich dem Hotel wirklich das tolle Frühstück zu gute halten. Fladenbrot, Käse, Rührei, Honig, Karottenmarmelade und einen großen Pott Tee. Wüsste ich es nicht besser, ich würde sagen, der Tee ist die Wiedergutmachung für die kalte Nacht. Ach egal! Schwamm drüber! Es ist ein neuer Tag. Zwar ist der Himmel monoton weiß und seit gestern habe ich nicht wirklich Sonne gesehen, aber es ist ein schöner Tag.

Gemütliches Frühstück

Gemütliches Frühstück

Beim Abendbrot letzte Nacht habe ich mich mit einem deutschen Pärchen zum gemeinsamen Stadtrundgang in Kashan verabredet. Noch bevor wir aufbrechen, buchen wir beim Teppich verkaufenden Taxifahrer von gegenüber die nächsten zwei Tagestouren. Damit wäre die Fahrt nach Isfahan schon mal geklärt. Super. Ich liebe es wenn, es einen Plan gibt!

Versteckte Häuser von Kashan

Wir brechen auf in die „Stadt“, wo sich hoffentlich der Charme von Kashan versteckt hält. Der Bazaar am Vorabend war schon sehr charmant. Ruhige Händler, gemütliches Schlendern und Waren ohne Ende ließen Kashan am Abend in gutem Licht stehen. Jetzt am Tag auf der Hauptstraße hat die Stadt nur einen lauten Unterton. Autos fahren kreuz und quer und meine Lehrstunden in Straßenquerung gehen nur schleppend voran. Ich will nicht auf die andere Seite. Zumindest nicht alleine. Ich suche mir ein iranisches Schutzschild, vielleicht kann man auch Lehrer sagen, und überquere parallel die Straßen.

Masjed-e Agha Borzog

Masjed-e Agha Borzog

Die erste im Reiseführer angepriesene Moschee „Masjed-e Agha Borzog“ eher schlicht und trotz ihrer Symmetrie nicht gerade überwältigend. Im Gegensatz dazu stehen die traditionellen Häuser der reichen Händler. Versteckt im Stadtkern sieht man den Fassaden die prächtigen Innenhöfe und Räumlichkeiten nicht an.

Ein langer Gang führt uns von der Straße zur Eingangstür des Khan-e Abbasian. Hinter ihr öffnen sich zwei Passagen nach rechts und nach links und vor uns ist eine gläserne Tür und ein kleines Fenster. Es ist geschlossen und wir stehen leicht unbeholfen vor der Tür. Ein Blick durch die Scheibe in den sich anschließenden Raum eröffnet neue Erkenntnisse. Auf dem Teppich vor dem warmen Ofen liegt ein Mann mittleren Alters und schläft. Sollen wir ihn wecken? Oder einfach rein gehen und dann später zahlen. Vielleicht wacht er ja auf. Das Problem wird für uns gelöst. Es erscheint ein Guide aus dem Nichts und drückt uns zuerst eine Stadtkarte in die Hand und kümmert sich dann in höchster Motivation um die Erweckung des Kassierers.

Auf unsere Frage, ob wir ein kombiniertes Ticket bekommen können, wird erst verneint, da er keine Tickets mehr hat. Dann schaut er nochmal genauer und stellt fest, dass er mit anderen Tickets unser Kombiticket bauen kann. Kreativ und lösungsorientiert zugleich halten wir recht fix unsere Tickets in den Händen. Wir glauben zwar nicht ganz an die Funktion und bereiten uns mental auf weitere Diskussionen an den anderen Häusern vor, aber für den Moment sind wir glücklich.

Khan-e Abbasian

Khan-e Abbasian

Jetzt ist auch der Guide wieder voll bei uns und stellt uns seine Dienste vor. Er zeigt auf der Karte, was man noch so alles machen kann. Da soll es eine unterirdische Stadt geben, einen heiligen Schrein und die Wüste in Sand- und Salzform. Er warnt uns bei anderen falschen Reiseführern anzubeißen und eine Tour mit zu machen. Sie würden einen nicht bis tief in die Wüste fahren und die Sanddünen nur von der Ferne aus betrachten. Wir schauen uns tief in die Augen und verkünden ihm, dass wir schon eine Tour haben; beim Richtigen natürlich.

Die Beleuchtung machts

In erfürchtiger Besuchshaltung schleichen wir durch die Gemächer des Abbasian Hauses. Die prächtigen Verzierungen der Bögen und Wände lassen die Außenwelt vergessen. Die Größe des Hauses ist fast noch beeindruckender.

Khan-e Tabatabei

Khan-e Tabatabei

Als wir das Khan-e Tabatabei betreten, trifft mich ein zweites Mal der Schlag. Ich dachte schon, das Haus zuvor war riesig und schön. Dies hier ist die Steigerung. Das um 1834 gebaute Haus legt neue Maßstäbe. Der Innenhof mit seinem lang gestrecktem Pool lässt das Haus größer erscheinen. Am Ende des Beckens liegt der prächtigste Raum. Die Kuppel umschließt in spitz zulaufenden Formen den Raum ein und bildet den Rahmen für die Buntglasfenster in Richtung Innenhof. Die Farbenpracht verziert den Raum und lässt die Leere imposant wirken.

Khan-e Tabatabei - Wohnraum

Khan-e Tabatabei – Wohnraum

Nur wenige Meter entfernt liegt der Hammam-e Sultan Mir Ahmad. Der 500 Jahre alte Hammam lädt uns zuerst auf sein Dach ein. Der Blick auf die Kuppeln des Daches verzaubert. Dennoch ist das absolute Highlight der erste Raum. Wir betreten ihn noch ohne Beleuchtung. Das Farbenwunder beginnt nur wenige Sekunden später. Die Beleuchtung reflektiert die Empfindungen mit dem Raum und lässt ihn in voller Schönheit aufleben. Was bleibt uns anderes übrig, als uns hin zu setzen und den Raum für Minuten schweigend zu bewundern.

Hammam-e Sultan Mir Ahmad

Hammam-e Sultan Mir Ahmad

Nur mit Mühe und Not können wir uns von dem Anblick trennen. Wir brechen auf zur riesigen Festung, die etwas unbekümmert vor sich hin steht und in der Neuzeit als Umrandung eines Ackers dient. Entlang der Stadtmauern kehren wir zum Hotel zurück.

Das Wüstentaxi

Der richtige Guide, oder soll ich sagen englisch sprachiger Taxifahrer, lud uns am nächsten Tag ein und ab ging die Tour in die Wüste. Aber nicht ganz so schnell. Der erste Stopp war eine Behörde. Schön in zweiter Reihe als touristisches Verkehrshindernis geparkt, ließ uns unser Fahrer alleine im Auto zurück. Fünf Minuten. Zehn Minuten. Und da war er wieder. Nur mal schnell einen Totenschein holen. Nagut kann man verstehen. Das mache ich auch einmal am Tag mit jedem Touristen, den ich mal schnell hinten auf meine Rückbank verfrachte.

Unterirdische Stadt von Noushabad

Unterirdische Stadt von Noushabad

Schwam drüber. Der erste richtige Stopp mit unserem richtigen Taxifahrer war die unterirdische Stadt von Noushabad; eine Stadt unter der Stadt. Gebaut, um den Gefahren der wilden Tage zu entgehen und vielleicht auch der heißen Sommertage. Bequem über eine Treppe zu erreichen, betraten wir den kleinen aber feinen Abschnitt des Labyrinths. Unser Taxifahrer erklärte uns die Besonderheiten, bevor er uns mit dem Satz „Mehr weiß ich nicht, bin ja nur ein Taxifahrer“ die letzten Meter alleine gehen ließ.

Wand des Mausoleum von Hilal ibn Ali

Wand des Mausoleum von Hilal ibn Ali

Um die Mittagszeit hielten wir kurz am Mausoleum von Hilal ibn Ali, einem Verwandten des Propheten Mohammeds, bevor wir in Richtung Wüste aufbrachen. Über eine wohl gepflegte Schotterpiste schoß unser Taxi in Richtung Sanddünen. Ich war froh, nicht der Besitzer des Autos mit den nun geschundenen Stoßdämpfern zu sein. Das Auto preschte nur so voran und ich habe mehr als einmal die Reifen vor meinem geistigen Auge wegfliegen sehen. Zu meinem Erstaunen trafen wir den richtigen Guide vom Vortag an der gleichen Düne wie wir, obwohl der uns doch gesagt hatte, das alle anderen falschen Reiseführer nicht so tief in die Wüste fahren.

Die richtigen Dünen - oder?

Die richtigen Dünen – oder?

Der Regen der letzten Tage „schmolz“ den Salzsee zu einer untouristischen Gegebenheit zusammen und wir fuhren zu unserem letzten Halt; einer Karavanserei. Gut erhalten und restauriert diente sie uns als Kulisse für ein Fotoshooting mit drei Kamelen. Eins etwas weniger interessiert an uns, dafür aber in einer Müllkippe stehend, und zwei interessierten schwangeren Damen, die sich in bestem Licht vor der Karavanserei fotografieren ließen. Während unser Guide ein Plausch mit dem Wärter hielt, nutzten wir die Pause ausgiebig.

Karavanserei

Karavanserei

Das warme Zimmer

Zwei Nächte im überklimatisierten Zimmer haben mir dann doch den Anstoß gegeben, umzuziehen. In der Karavanserei wollte ich nicht bleiben, aber zwei Stockwerke tiefer, im Keller meines Hotels, habe ich dann doch noch einen schönen warmen Schlafplatz in Kashan gefunden. Ich muss sogar lüften, es ist einfach zu warm und die Heizung lässt sich nicht abschalten. Schicksal.

Hier in Kashan wird es mir einfach nicht recht gemacht. Entweder zu warm oder zu  kalt!

1001 Nacht als Karte

    Wie teuer ist es im Iran?

    Für alle Reiseinteressierten gibt es auf der Seite Wie teuer ist die Welt? – Iran eine Zusammenstellung der Kosten für die Reise in den Iran.

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