Bergbau im Ruhrpott

Dieses Wochenende steht ganz im Zeichen des Bergbaus und hoch hinaus und tief hinab! Ein Wochenende im Ruhrpott bringt mich durch die Geschichte des Bergbaus in der Theorie, führt mich vorbei an der größten Sammlung an Bergwerkstechnik bis zur Zeche Zollverein, als Architektur- und Industriedenkmal. Es ist ein Teil meiner Entdeckungstour durch Deutschland und bringt mich in den Westen des Landes. Eine Region, die ich bisher noch nicht weiter erkunden konnte und mich deshalb so anzieht.

Deutsches Bergbau-Museum Bochum

Deutsches Bergbau-Museum Bochum

Mein Bild des Ruhrpotts ist geprägt durch Bilder von Fördertürmen und der Vorstellung von vielen Menschen, die unter einer miesen Luftglocke leben müssen. Umso gespannter bin ich, wie sich die Region in den letzten Jahren und Jahrzehnten gewandelt hat. Ich umfahre die ewigen Staus auf den Autobahnen, deren Nummern sich durch die „Radiowerbung“ in Millionen Gehirne gebrannt hat und nutze den Zug. Selbst hier ist man nicht vor Störungen gefeit und die Hauptachse zeigt sich gnädig bei meiner Anreise.

Empfangen werde ich am Bahnhof von einem guten Freund aus der Studienzeit und von „moderner“ Architektur. Nach dem Krieg wieder neu aufgebaut, erinnert mich die schlichte und meinem Geschmack nach nicht wirklich gelungene Architektur der 50er und 60er Jahre an viele andere kriegsgebeutelte Städte in Deutschland. Aber zum Bestaunen der Architektur und der nicht existenten Altstadt bin ich nicht hier. Ich bin hier um mir die Industriegeschichte anzuschauen.

Deutsches Bergbau-Museum

Deutsches Bergbau-Museum Bochum

Deutsches Bergbau-Museum Bochum

Es weht eine frischer Wind, als wir zum Bergbau-Museum kommen. Diesen spüren wir eine ganze Weile später nochmal. Zuerst läuten die Signale des Anschlägers und wir fahren hinab in das Besucherbergwerk. Auf dem Rundkurs Untertage, schlappe 20 Meter unter der Erde, beginnt die Entdeckungsreise. Die Tunnel lassen vermuten, dass wir mehrere hundert Meter unter der Erde sind. Die Konstruktionen wirken real und als wäre alles vor einigen Jahren einfach stehen gelassen und zum Museum umgeräumt worden. Es ist teilweise eng und ich muss hin und wieder den Kopf einziehen. Nicht so schlimm wie in Potosi in Bolovien, aber  es reicht mehr als einmal, um mir den Kopf anzustoßen.

Besucherbergwerk im Deutschen Bergbau-Museum

Besucherbergwerk im Deutschen Bergbau-Museum

Der Rundgang durch das weit verzweigte Netz aus Stollen und Streben führt durch zwei verschiedene Abbauprodukte, zum einen der im Ruhrpott verbreitete Steinkohleabbau und zum anderen durch eine kleine Sektion, die dem Eisenerzbergbau gewidmet ist. Rückblickend glaube ich, dass hier eine Führung ganz sinnvoll gewesen wäre. Wir passieren lange Förderbänder, riesige Maschinen und hin und wieder kann man ein Schild mit einer Erklärung vermuten.

Schwere Maschine im Deutschen Bergbau-Museum

Schwere Maschine im Deutschen Bergbau-Museum

Es wird mit Informationen gespart. Einzig versteckte Knöpfe mit Audio-Erklärungen bringen einem die unbekannte Welt näher. Die Tour bekommt dann mit einer Seilfahrt in 1200 Meter Tiefe eine ganz neue Wendung. Wir steigen ein und nachdem sich die Türen mit einem lauten Krachen geschlossen haben, beginnt die Abfahrt. Es wird wärmer, ein Bergmann auf einer tieferen Sohle ruft uns kurz was hinterher, bevor die Fahrt weitergeht. Unten angekommen, wird es schnell wieder kühler, als wir durch die Wettertür wieder in 20 Meter Tiefe ankommen. Die simulierte Seilfahrt vermittelt einen schönen Eindruck und lässt nochmal das Gefühl von Tiefe aufkommen. Es ist schon ein bedrückendes Gefühl, jetzt weiter zu wandern und die Stollen zu erkunden. Es wird immer moderner und kurz bevor wir wieder ausfahren, ist mein Höhepunkt der 100 Meter lange Tunnel mit Ausbauschilden und dem Doppelwalzenlader. Ein wahres Meisterwerk Untertage.

Die Ausfahrt bringt uns dann über 60 Meter in die Höhe auf das ehemalige Fördergrüst der Schachtanlage Germania in Dortmund-Marten. Es pfeift uns gewaltig der Wind entgegen und der Regen fühlt sich schon fast an wie Nadeln im Gesicht. Die beworbene Aussicht wird sich nicht mehr einstellen und so verlassen wir den Stahlkoloss wieder und begeben uns in die warmen Räume des Museums. Der erste Raum ist gleich vollgepackt mit Exponaten und wirkt auf mich absolut überfüllt und teilweise etwas außer Betrieb und veraltet. Die Exponate stellen die volle Bandbreite dar und statt einigen Grubenlampen werden 50 verschiedene gezeigt. Ein absoluter Überfluß an Informationen und nicht gerade zuträglich. Der nächste Raum ist dann komplett leer und im Umbau, es schließen sich mehrere Räume mit wenig Ausstellungsstücken zu dem Aufbau einer Grube an, bevor wieder ein vollgepackter Raum sich dem nächsten anschließt und man gar nicht weiß, was man sich alles anschauen soll. Hier wird der Informationsmangel aus dem Bergwerk überkompensiert und ich bin geplättet. Die Exponate und Maschinen gleichen denen unter Tage und man findet kaum neues. In dem anderen Gebäudeteil schließt sich dann für uns der Kreis mit einem alten Video über die Bergbaukultur in der Region. Völlig überladen mit Wissen und Unwissen schleichen wir aus dem Museum. Ein spätes Mittagessen ist angesagt.

Zeche Zollverein

Zeche Zollverein - Schacht XII

Zeche Zollverein – Schacht XII

Es ist noch eine Kurve und dann sind die ersten Teile der Zeche Zollverein vor uns. Wir biegen ab auf den Besucherparkplatz und die Gebäude werden immer imposanter, je näher wir kommen. Die klaren Strukturen des Hauptkomplexes liegen vor uns. Der berühmte Schacht XII mit seinem Rahmen durch das Energiehaus und die Wartungshalle steht imposant im Zentrum. Es ist ein Meisterwerk der Architektur und die simplen Klinkermauern, der großen Fenster und die Symmetrie der Gebäude lassen erahnen, wie geschäftig es hier gewesen sein muss. So erzählt uns unser Führer über das Gelände, dass auf den beiden Symmethrieachsen, auf denen heute die Besucher in das Herz gelangen, es damals menschenleer war. Dafür bringt uns die Führung hinter die Kulissen, die einem ohne Führung verborgen bleiben würden. Der Bereich, wo Menschen hart arbeiteten und dem Monstrum Leben einhauchten.

Zeche Zollverein - Energieachse

Zeche Zollverein – Energieachse

Die Führung „Über Kohle und Kumpel“ bringt uns entlang des Weges der Kohle über der Erde. Nach dem gestrigen Tag im Bergbaumuseum, das viel über den Abbau der Kohle berichtete, wird hier am lebendigen Leib der Weg über Tage dargestellt. Alles beginnt im Förderturm. Nach einigen Treppen hinauf,  gelangen wir zu dem Punkt, an dem die Kohlewagen die Erde verließen und mit lautem Gerumpel in die tiefen der Verarbeitung abtauchten. Es ist fast wie bei „Indiana Jones und der Tempel des Todes“: die Wagen rollen und rollen. Nur hier nicht mit einem Hauptcharakter gefüllt, sondern mit fast 700 Kilogramm Kohle. Eine Licht und Toninstallation an der ersten Station der Wagen lässt die alte Zeit bis 1986 wieder aufleben. Einige Anlagen fehlen, aber mit Phantasie und der Hilfe von Animationen und Modellen wird die Maschinerie klar.

Zeche Zollverein - Kohleförderung

Zeche Zollverein – Kohleförderung

Wir folgen dem Weg der Kohle, die sich über hunderte Meter über Förderbänder bewegt und sortiert wird. Als Kohle hatte man es bis zu dem Zeitpunkt noch gut und man wurde in die Höhe gefahren. Als Touristen wird man nur die ersten Meter über eine Rolltreppe in die Kohlenwäscherei gebracht, danach beginnt der Aufstieg über die Treppe auf das Dach.

Förderbänder in der Kohlewäsche

Förderbänder in der Kohlewäsche

Der Blick über die Region bringt die Menge an Fördertürmen und Abraumhalden zum Vorschein. Es ist beeindruckend, was in den letzten 150 Jahren alles aus der Erde herausgeholt wurde und wie sich die Landschaft und die Stadt dadurch verändert haben. Viel Zeit bleibt uns nicht,  die Aussicht zu genießen. Wir steigen wieder einige Meter herab und kommen der Kohle wieder näher. Die Etappen der Kohlenwäscherei bringen uns langsam zurück Richtung Boden und die sortierte Kohle kommt immer mehr zum Vorschein. Mit der letzten Stufe der Kohlenwäsche endet auch die Führung in diesem Monument der Industriekultur.

Blick über die Kokerei

Blick über die Kokerei

Ich wünschte, ich hätte noch mehr Zeit, um auf einem Streifzug über das Zechengelände auch den letzten Winkel zu entdecken und wirklich in die Welt abzutauchen. Leider ist meine Reise hier zu Ende und ich muss wieder aufbrechen. Mit dem gesammelten Wissen rückt die Region und der Bergbau für mich weiter ins Licht und ich spüre einen Hauch von Zufriedenheit, einen für mich neuen Teil Deutschlands hauchdünn kennengelernt zu haben. Leider immer noch zu wenig, hier gibt es noch viel zu entdecken!

Glück auf!

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