Ujiji – Der Beginn der Sklavenstraße

Am Tanganjikasee gelegen ist Ujiji ein unscheinbarer Ort mit großer historischer Bedeutung. Die älteste Stadt im westlichen Tansania war eine wichtige islamische Handelsstadt für Güter, wie Elfenbein und Sklaven aus dem östlichen Kongo.

Dr. Livingstone, I presume?

Dr. Livingstone, I presume?

Dr. Livingstone

Wäre da nicht Dr. Livingstone, wäre ich vielleicht gar nicht nach Ujiji gefahren. Mehr als ein paar magere Worte hat der Reiseführer nicht übrig gehabt. Ich hatte aber Zeit und da ich schon mal in der Region war, konnte ich mir auch das Museum über Dr. Livingstone anschauen.
Ich war positiv überrascht. Obwohl ich vermeintlich vor verschlossener Türe stand, öffnete mir Matthias das Tor und begann seine Führung mit einem geschichtlichen Ausflug durch das Leben von Dr. Livingstone. Auf seiner dritten und letzten Reise von 1866 bis 1873, welche er in Mikindani begann, kam er nach Ujiji und hier war es auch, wo er auf Henry Morton Stanley traf. Am 10. November 1871 trafen der Journalist, gesandt um Dr. David Livingstone zu finden, und der Abenteurer unter dem Mangobaum aufeinander. Mr. Stanley begrüßte Dr. Livingstone mit dem berühmten Satz:

Dr. Livingstone, I presume?

Der damalige Mangobaum steht nicht mehr, aber zwei seiner Ableger rahmen ein Monument an seiner damaligen Stelle.
Was Dr. Livingstone nach Ujiji trieb, macht heute noch eine Entdeckungsreise wert: die Sklavenstraße nach Bagamoyo.

Dr. Livingstone Memorial - Livingstone und Stanley trafen sich unter diesen Mangobäumen

Dr. Livingstone Memorial – Livingstone und Stanley trafen sich unter diesen Mangobäumen

Die versteckte Geschichte

Kein Schild im Ort, kein ausgeprägter Tourismus deutet auf die Geschichte im Ort hin. Nur drei Infotafeln im Museum zeigen die Orte des Geschehens.
Die Geschichte beginnt schon weit vorher, aber im 19. Jahrhundert wurde Ujiji sehr wohlhabend. Dies lag an der strategischen Lage auf der zentralen Elfenbein- und Sklavenroute zwischen Kongo und Sansibar. Sklaven waren damals stark gefragt, da viele Plantagen viele Arbeitskräfte brauchten. Ujiji war daher zentraler Sammelpunkt, bevor die Sklaven bis Bagamoyo laufen mussten und in Sansibar auf dem Sklavenmarkt nach Persien, Indien, Mauritius, Reunion, Arabien und Südafrika verkauft wurden.
Matthias bot sich an, mir die versteckten Orte in Ujiji zu zeigen. Nach einem kurzen Besuch am traditionellen Bootsbauerhafen liefen wir über „Schleichwege“ in die Stadt.

Heutiger Markt - Alter Sklavenmarkt von Ujiji

Heutiger Markt – Alter Sklavenmarkt von Ujiji

Erster Anlaufpunkt war der heutige Markt. Seine ehemalige Funktion als Sklavenmarkt ist ihm nicht mehr anzusehen. Nur ein trockener Brunnen hinter dem Gebäude zeugt von dem Durst der Sklaven nach einer schon langen Wanderung.
Wir gelangen nach einem kurzen Marsch zum deutschen kolonialen Teil der Geschichte. Auf dem Weg dorthin erzählt mir Matthias, dass die Menschen im Ort Touristen nicht wirklich mögen und etwas zurückhaltend sind. Ich kann es nicht bestätigen. Kinder grüßen mich mit einem netten „Bye Bye“, Erwachsene grüßen ebenfalls freundlich.

Alter deutscher Brunnen - Hintergrund Überreste der alten deutschen Boma

Alter deutscher Brunnen – Hintergrund Überreste der alten deutschen Boma

Die deutsche Boma besteht nur noch aus zwei Pfosten, überwachsenen Grundmauern und einem Brunnen in der Nähe. Ohne Hilfe wäre ich blind vorbei gestolpert. Die Missionarskirche hingegen ist in einem guten Zustand und die deutsche Schule um die Ecke ist heute immer noch eine Schule und Kinder rennen begrüßend auf mich zu; ich scheine den Unterricht doch etwas aufzulockern. Wir laufen über den Schulhof und unscheinbar zu unserer Linken liegt ein Missionarsfriedhof.

Alte deutsche Schule in Ujiji

Alte deutsche Schule in Ujiji

Am Ende des Schleichweges stehen Mangobäume. Eine ganze Allee säumt die Straße bis sie am Horizont an einem Hang langsam überwachsen ist. Diese Straße ist der Beginn der Sklavenstraße nach Bagamoyo; mit Unterbrechungen führt die Allee einmal quer durch Tansania und bot den Sklaven Schatten, Essen und diente als Wegbegrenzung.
Unvorstellbar wie es damals gewesen sein musste, als die Sklaven hier zusammengekettet loslaufen mussten.

Beginn der Sklavenstraße - Mangoallee

Beginn der Sklavenstraße – Mangoallee

Weitere Informationen:

UNESCO – The Central Slave and Ivory Trade Route

2 Antworten zu “Ujiji – Der Beginn der Sklavenstraße

  1. Hi Dominik,

    sehe gerade, Du bist in der DRC! Wahrscheinlich Gorillas gucken oder?
    Ich bin längst wiederheim und knallhart im Alltagstrott und habe erst heute mal Zeit gefunden, „Deinem Schaten zu folgen“. Zumindest ein wenig! Werde aber alles noch genau durchlesen. Klingt sehr interessant und überhaupt bin ich von der Professionalität Deines Blogs (inkl. Fotoauswahl) schwer beeindruckt!
    Meine Tour verlief planmäßig, wobei ich Mwanza wieder einmal zur Höchstform aufgelaufen bin: 14 h Zugankunft, 10 Min. Fotografieren am Bahnhof, dann Fußmarsch ins nahe Zentrum und Buchung zweier Flugtickets bei zwei Agenturen in nur 30 Min. Deadline wäre 15 h gewesen (Abflug 17:00h). Die Schwierigkeit dabei: Finde erstmal einen funktionsfähigen Automaten, der mit meinen Karten tatsächlich genügend Bares ausspuckt!!!

    Weiter gute Reise&
    Grüße Ralf

    • Hallo Ralf,
      das war ja wirklich noch eine Meisterleistung. Ich bin im Kongo (DRC) um die Gorillas anzuschauen und den Nyiragongo Vulkan zu besteigen. Waren beides großartige Erlebnisse von denen ich sicher bald berichten werde. Ich arbeite gerade an einer kleinen Planänderung und werde Teile des Kongo-Flusses mit dem Boot herunter fahren und in ca. 3 Wochen hoffentlich in Kinshasa sein.
      Viele Grüße aus Goma,
      Dominik

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