Weihnachten rund um die Welt

Es ist das erste Adventswochenende. Ein Blick aus dem Fenster offenbart leichten Schneefall und die Weihnachtsmärkte öffnen nach und nach, um dem Erdenbürger mit leckeren Süßigkeiten und Getränken aufzuwarten. Schon vor über einem Monat musste ich mich dem Konsumwillen der Geschäfte beugen und die ersten Lebkuchen kaufen. Erst neulich lachte mich wieder ein riesiger Weihnachtsmann auf einem Plakat an. Aber was ist Weihnachten für uns und rund um die Welt überhaupt?

Dieser interessanten Frage bin ich nachgegangen und habe fünf erfahrene Weltenbummler gefragt, wie sie Weihnachten in der Ferne sehen und erlebt haben. Aus meiner ursprünglichen Idee eines kleinen Round-Ups zu „Weihnachten rund um die Welt“ ist eine teilweise kritische Betrachtung geworden. Die wichtigste Frage ist: was ist Weihnachtsstimmung für uns? Was gehört für uns zum Weihnachtsfest und was erwarten wir davon?

    Die Reise um die Weihnachtswelt startet in Ghana mit Wibke. Sie erzählt von einem etwas bescheideneren Weihnachtsfest in dem westafrikanischen Land. Während Weihnachten, wie wir es kennen, nur in den Shopping-Malls und in der oberen Schicht existiert, geht es dafür umso herzlicher in der Familie zu. Mit Ariane geht es über den Atlantik nach Peru. Bei schönstem Wetter in Lima, beginnt die Weihnachtszeit mit einem Grillen auf der Dachterrasse. Dafür sind die Tannenbäume hier auch nicht weit. Den wahrscheinlich beeindruckendsten Weihnachtsbaum begegnet Laura-Lee in New York. Ist es ihr Weihnachten wie aus einem Film, dass unsere Weihnachtsgefühle aufkommen lässt?

    Mit einem Sprung über den Pazifik geht die Reise zum Konsumfest, wie es im Buche steht. Oliver entkommt selbst hier nicht dem Fest. Es ist aber eher ein Fest mit Freunden als mit der Familie.

    Bevor Florian aus Indien die kritischen Schlussworte findet, könnte ich noch kurz erwähnen, dass in den Vereinigten Arabischen Emiraten Weihnachten nicht vergessen wird. Ein Schild aus der Mall of Dubai beweist: „Santa does exist“.

    Santa does exist! - Dubai

    Santa does exist! – Dubai

    Die Erde dreht sich weiter und Janine von „Bereise die Welt“ nimmt euch gerne noch auf eine weitere Tour um die Welt mit. Mit „Weihnachten in der Ferne“ findet ihr vielleicht auch noch ein passendes Weihnachtsreiseziel für euch.

    Ich danke hier schonmal den fünf Bloggern für ihre schönen Beiträge!

    Ghana – Wibke von Sonnenstrahlenmomente

    Sakumono X-Mas Fiesta

    Sakumono X-Mas Fiesta

    Wibke - Sonnenstrahlenmomente

    Ein großer, mit Kugeln und Lametta geschmückter Tannenbaum und andere Weihnachtsdekorationen gibt es auch in Accra, der ghanaischen Hauptstadt. Anders, als das aber bei uns in Deutschland der Fall ist, finden sich solch weihnachtlichen Elemente nur in den großen Einkaufszentren der Stadt, wie zum Beispiel der Accra Mall. Dort passiert es dann auch schnell einmal, dass du vor lauter Plastiktannenbäumen stehst, neben denen meterhoch Plastikkugeln und Lamettapackungen aufgetürmt sind. Auf den Straßen erklingen aus den Plattenspielern der Chop-Bars kurz vor Heiligabend alle nur erdenklichen Weihnachtslieder, um zumindest ein bisschen Weihnachtsstimmung aufkommen zu lassen. Weihnachtsmärkte, Adventskränze, Baumkuchen, Glühwein und Spekulatius? Das alles gibt es nicht in Ghana und bei der Hitze im Dezember ist an richtige Weihnachtsstimmung auch kaum zu denken. Ein bisschen weihnachtlich wird es aber dennoch. Straßenverkäufer tragen rote Zipfelmützen mit kleinen Glöckchen daran, in den Schulen und Kindergärten werden ein paar Adventslieder gesungen und auch die TroTros (Kleinbus) werden festlich geschmückt, indem die Mates Stoffnikoläuse an den Spiegel hängen und den Bus mit Tannenbaumstickern oder Ähnlichem bekleben. Und plötzlich, kurz vor dem Heiligen Abend, kann man auf den Pure Water Plastikbeuteln statt dem üblichen Zeichen der Pure Water Companies Santa Clause entdecken, der einem fröhlich „Afehiya paa“ – ein schönes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch in das neue Jahr wünscht.

    Auch die Tradition des Beschenkens ist in Ghana eine andere. Während einige wenige, meist Politiker oder Familien, die zur Oberschicht gehören, sich zu Weihnachten gegenseitig mit Geschenken, wie wir sie hier auch kennen, beschenken, bekommt ein Großteil der Bevölkerung gar nichts geschenkt. Ab und an landet dann noch das ein oder andere Kleidungsstück unter dem Plastiktannenbaum. In Geschenkpapier eingepackt werden die Geschenke meist ebenfalls nicht. Eher wird zum Pappkarton gegriffen, weshalb die Ghanaer den 26. Dezember, also den Tag, an dem es Geschenke gibt, auch „boxing day“ nennen.

    Heilig Abend ist zunächst ein Tag wie jeder andere auch. Zwar haben die Kinder auch Weihnachtsferien, gearbeitet werden muss an diesem Tag dennoch. Abends gibt es ein kleines, öffentliches Feuerwerk und danach treffen sich die Ghanaer in den vielen verschiedenen Kirchen. Dort wird gesungen, getanzt, gebetet und der Weihnachtsabend wird gefeiert. Viele feiern Weihnachten mit ihrer Familie und verbringen die Feiertage gemeinsam. Es wird zusammen gekocht, gelacht, erzählt und die Zeit genossen.

    Ein ganz anderes Weihnachtsfest verbringen die Straßenkinder von Accras Stadtteil Sakumono und Umgebung. Vor einigen Jahren wurde die Sakumono X’mas Fiesta ins Leben gerufen, um die Kinder zumindest an diesem besonderen Tag im Jahr einfach Kinder sein zu lassen und ihnen eine Freude zu machen. Seit zwei Jahren findet dieses Weihnachtsfest in Zusammenarbeit mit Amebii Ghana e.V, der von meinem Mann und mir gegründeten Hilfsorganisation, statt. Auf einem großen Platz werden eine Hüpfburg und Trampoline aufgebaut, es gibt eine Schminkecke, eine Bühne, auf der getanzt und gesungen werden kann, die Jungs können Fußball spielen, es gibt Getränke und Kleinigkeiten zu essen für alle Kinder, die kommen, um gemeinsam einen schönen Tag zu verbringen. So verbringen auch die Kinder der ärmsten Gegenden ein schönes Weihnachtsfest.

    Wibke, ein fernwehsüchtiges Mädchen, das ihr Herz in Ghana verloren hat. Bei ihr findet man Berichte über die einzigartigen Welt Afrikas und andere Sonnenstrahlenmomenten.

    Peru – Ariane von Heldenwetter

    Weihnachten in Peru

    Weihnachten in Peru

    Ariane - HeldenwetterWenn ich an die Weihnachtszeit in Peru zurückdenke, ist das erste Wort, das mir in den Sinn kommt: absurd. Wahrscheinlich geht es jedem so, der schon einmal Weihnachten irgendwo in der südlichen Hemisphäre erlebt hat. Es ist Hochsommer, statt mit einem Schneespaziergang verbringt man den Tag am Strand, und dennoch liegen in den Supermarktregalen Weihnachts-Süßigkeiten und man wird überall von Männern mit weißem Rauschebart und rotem Anzug begrüßt. Die Weihnachts-Deko in Peru ist trotz Hochsommer genauso wie in Deutschland: Aus weißen Matten bastelt man glitzernde Schneedecken, alles hängt voller Lichterketten und auf den wichtigsten Plätzen der Stadt stehen riesige geschmückte Tannenbäume. Die Weihnachtsmänner in Lima haben mir immer leid getan – die müssen in ihrem Outfit dort wirklich schwitzen!

    Während man Anfang Dezember noch hämische Sonnenschein-Fotos an die Freunde zu Hause schickt, hat man spätestens zum dritten Advent die Erkenntnis, dass bei dreißig Grad einfach keine so richtige Weihnachtsstimmung aufkommen mag. Dennoch war ich damals in Peru einfach froh über die Wärme, schließlich liegt Lima etwa sechs Monate des Jahres im Nebel und Nieselregen. Gegen November nach mehreren Monaten die Sonne wiederzusehen, hat mir sehr gut getan! Am ersten Advent haben wir dann auf der Dachterrasse eines Freundes gegrillt und das gute Wetter gefeiert, das wird mir noch lange in Erinnerung bleiben.

    Die Adventszeit ist in Peru nicht bekannt – es gibt weder Kränze noch Kalender und auch so etwas wie Weihnachtsmärkte finden dort nicht statt. Stattdessen gibt es die Tradition, große Krippen aufzustellen. In den meisten Kirchen kann man diese Kunstwerke bewundern und auch viele Familien haben Krippen zu Hause. Weihnachten selbst ist dann wie wohl überall auf der Welt ein absolutes Familienfest. Man feiert wie in Deutschland am Abend des 24., sitzt gemeinsam zusammen, trinkt heiße Schokolade und isst Panetón, einen Kuchen mit Früchten. Um Mitternacht reicht man sich die Geschenke. Danach gibt es oft noch ein großes Feuerwerk auf der Straße und wer möchte, kann gemeinsam mit den Nachbarn bis tief in die Nacht feiern. Richtig absurd wird es dann erst wieder an Neujahr: Da geht man nämlich traditionell mit der Familie an den Strand…

    „Fernweh, Gedanken, Fotoliebe“ – das beschreibt sehr gut, was dich bei Ariane auf Heldenwetter erwartet.

    USA – Laura-Lee von The TraveLLette

    Weihnachtsbaum in New York

    Weihnachtsbaum in New York

    Laura-Lee - The TraveLLetteVor ein paar Jahren durfte ich die Vorweihnachtszeit in New York miterleben und ich kann dir sagen, das ist mal eine ganz andere Hausnummer als in Deutschland.
    Die Stadt erstrahlt in einem unglaublichen Glanz und ist zu Weihnachten einfach nochmal viel cooler, als sie so schon ist.

    Nach Thanksgiving geht’s los! Der Shopping Wahnsinn beginnt mit der kitschigen aber sehr schönen Weihnachtsdeko. Ich bin damals einfach jeden Abend nur so durch die Straßen geschlendert und habe den Weihnachtsspirit aufgesaugt. Die Einheimischen (und eigentlich jeder) hingegen waren total im Weihnachtsstress. Geschenke mussten besorgt werden und jeder weiß ja, dass die Amis da ein bisschen anders ticken, als viele andere Länder. Und das ist in den meisten Fällen wirklich kein Vorurteil.

    Geschenke zu Weihnachten sind unglaublich wichtig in den USA. Die Familie meiner besten Freundin tauscht vor Weihnachten sogar Wunschlisten aus, damit man weiß, was sich der andere wünscht und ja auch das richtige Geschenk nachher unterm Baum liegt.

    Ich lass mich da doch lieber durch die Stadt treiben und freu mich auf die gemeinsame Zeit mit meinen Liebsten. Aber jedem das Seine.

    Einige meiner tollsten Erlebnisse (bis jetzt) waren das Schlittschuhlaufen im Wollman Rink im Central Park, der erste Schnee des Jahres in New York und das Christmas Tree Lighting am Rockefeller Center, das ich übrigens total unvorbereitet fast gar nicht gesehen hätte.

    Noch heute finde ich, dass New York zur Weihnachtszeit einfach am schönsten ist. Man kommt sich vor wie im Film, nur dass es noch viel besser riecht. Der Big Apple macht seinem Name alle Ehre und riecht nach Bratapfel, Zimt und gebrannten Mandeln. Ein Traum!

    Frohe Weihnachten!

    Laura-Lee erweckt mit “The Travellette – Von Reisesucht und Normadismus” die Reiselust beim Lesen.

    China – Oliver von Sinograph

    Oliver zu Weihnachten in China

    Oliver zu Weihnachten in China

    Oliver - SinographMit der Erkenntnis, dass es den Weihnachtsmann in Wirklichkeit gar nicht gibt, verschwand auch meine Freude an den Heiligen Tagen. Konsumterror und enttäuschte/einsame Menschen, das war es, was ich Jahr für Jahr stärker sah. Jeder neue Weihnachtsbaum im elterlichen Wohnzimmer stärkte in mir den Wunsch, irgendwann ins Ausland abzuhauen, um dem ganzen Trubel zu entgehen.

    Sechs Jahre habe ich in China gelebt. Kein einziges Mal verbrachte ich die Festtage zu Hause. Doch Weihnachten entkam ich in Peking nicht. Auch in Chinas Hauptstadt wurden die Straßen geschmückt – zwar nur die Schaufenster und Vorplätze der Shopping Malls, doch die nehmen viel Platz ein. Das sah so aus: In einem Schaufenster präsentierte sich einmal die Weihnachtsfrau in einem heißen Bikini: Rot mit weißen Zotteln. In einem anderen Fenster wurde der Weihnachtsmann kurzerhand ans Kreuz genagelt.

    Weihnachten als Konsumfest ist in China auch deswegen so erfolgreich, weil die Läden durch keinen gesetzlichen Feiertag eingeschränkt werden. Meine einheimischen Bekannten begingen Heilig Abend nicht im Familienkreis, sondern gingen einkaufen. Viele gönnten sich ein romantisches Essen mit dem oder der Liebsten. Immerhin ist Weihnachten das Fest der Liebe, so wie die beiden Valentinstage. Deswegen legen die besseren Restaurants eine spezielle Weihnachtskarte aus, auf der alles den doppelten Preis hat. Ich kam vom Regen in die Traufe.

    Und was machte ich als Weihnachtsflüchtling? Ich begann, Freunde und Bekannte zu mir in meine Wohnung einzuladen. Jeder musste etwas für einen anderen Gast mitbringen. Die eingepackten Geschenke drapierten wir um eine kleine Plastiktanne unter dem Fenster. Fast so, wie ich das in meiner Kindheit gelernt habe. Und ich merke: Weihnachten entkommt man nicht so einfach. Aber so schlimm sind die Tage auch nicht.

    Willst du mehr über Weihnachten in China erfahren: 5 Fakten, die du vermutlich nicht über Weihnachten in China wusstest, findest du bei Oliver auf Sinograph.

    Exportschlager Weihnachten

    Weihnachtsmänner am Strand in Indien

    Weihnachtsmänner am Strand in Indien

    Florian - FlocblogFrühling, Sommer, Herbst und Winter sind die 4 Jahreszeiten. Easy, das weiß jedes Kind, oder?

    Wenn Du schon einmal eine Fernreise gemacht hast, dann hast Du Dich schnell von solchen Verallgemeinerungen verabschiedet. Vieles was wir für absolute Wahrheiten halten, gilt nur für Mitteleuropa oder nur für unser kleines Land in Mitteleuropa. Fast alles ist relativ.

    Nicht einmal vor den Jahreszeiten wird halt gemacht. In vielen Ländern rund um den Äquator gibt es nur 3 Jahreszeiten: heiß, noch heißer und die Regenzeit (ebenfalls heiß).

    Weihnachten in Kerala, Südindien fällt in die heiße Jahreszeit und fühlt sich so wirklich gar nicht nach Weihnachten an. Bei 30°C am Strand denkst Du nicht an Glühwein, Weihnachtsbaum oder Christstollen.

    Um so erstaunlicher, dass Weihnachten in Südindien überhaupt Beachtung findet und das liegt nicht nur an den Touristen und indischen Christen. Weihnachten ist ein Exportschlager! Fast überall auf der Welt wird Weihnachten gefeiert.

    Aber ist das wirklich Weihnachten? Genügt es einen Weihnachtsbaum aufzustellen, Weihnachtsgeschenke zu kaufen und Weihnachtsmann-Mützen zu tragen? Haben sich die Inder nur die Rosinen aus dem Christstollen herausgepickt, ohne die „Seele von Weihnachten“ zu verstehen?

    Gegenfrage: Machen wir das zu Weihnachten 2015 wirklich anders?

    Florian schreibt im flocblog über günstige Reiseziele wie Indien mit Spartipps für Backpacker und Weltreisende.

    Wo verbringst du Weihnachten dieses Jahr?

    3 Antworten zu “Weihnachten rund um die Welt

    1. Pingback: Blogschau: November und Dezember 2015·

    2. Wow, Dominik, was für ein toller Artikel! Da hast du echt spannende Blogger und Gedanken zusammengebracht. So unterschiedliche Texte, einfach klasse. Besonders interessant fand ich es, zu lesen, wie in Indien oder China Weihnachten gefeiert wird. Sind schließlich keine christlich geprägten Länder, lustig, dass das Fest dort auch so populär ist. Und das mit dem „Rosinen herauspicken“ – wie soll es auch anders gehen, wenn man Weihnachten nicht als wirkliche „Tradition“ seit der Kindheit mitbekommt? Die Dinge entwickeln sich weiter und Kultur ist immer im Fluss, da ist es doch verständlich, dass es in Indien zB. andere Sichtweisen oder Interpretationen von Weihnachten gibt als bei uns 🙂

      Ich geh den Artikel direkt mal teilen!

    3. Ein richtig schöner Beitrag ist das geworden mit tollen Eindrücken zu Weihnachten rund um die Welt. Vor allem hat Florian so dermaßen ins Schwarze getroffen mit der Frage, ob wir es an Weihnachten eigentlich anders machen und wir den wirklichen Sinn hinter Weihnachten verstanden haben. Bei vielen geht es ja an diesem Tag im Jahr sicher primär nur um die Geschenke (um es jetzt mal sehr pauschal zu sagen) und die eigentliche Geschichte hinter Weihnachten rückt da sehr stark in den Hintergrund.

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