Dass Schüler in der Schule schon mal leicht ins Schwitzen kommen, ist, glaube ich, normal. Es kann dafür eine Menge Gründe geben. Hier in Télimélé ist das Wetter definitiv ein Faktor. Unsere Thermometer zeigen schlappe 38 Grad im Schatten. In der Sonne schmelzen uns die Köpfe weg. Aber soweit ist es noch nicht, es sind nämlich erst 20 Grad und mein Wecker rüttelt mich langsam wach. Ich habe lange nicht mehr so gut geschlafen. Eine traumhafte Ruhe in der Nacht. Nagut, ich habe wohl ziemlich gut geschlafen, sodass ich den Muezzin um 5 Uhr sogar überhört habe. Meine Mitreisenden können von ihm ein Lied singen, wenn nicht sogar mitsingen. Wenn man sein Kopfkissen direkt neben dem Lautsprecher der Moschee hat, kann es schon mal passieren, dass man senkrecht im Bett sitzt und seinen Wecker nicht mehr braucht.
Sonne oder Strom
Ich brauche meinen Wecker. Er holt mich kurz vor Sonnenaufgang aus dem Bett. Ich weiß nicht, nach was ich besser die Uhr stellen könnte, der Sonne oder dem Strom. Die eine kommt, der andere geht: 7 Uhr! Wenn ich es drauf anlegen würde, mich morgens sehen zu wollen, ich hätte schlechte Karten. Im Bad ist es stockfinster. Ich suche mir meine Arbeitskleidung raus, werfe mich in „Schale“ und packe meine sieben Sachen: Mütze, Handschuhe, Sonnencreme, Wasser und was man noch so alles gebrauchen kann.
Jetzt wird es auch langsam Zeit, meinen Mitbewohner zu wecken. Mit Ohrenstöpseln und gesundem Schlaf bewaffnet, ist ein morgendliches Erbeben nötig, um ihn aus dem Schlaf zu reißen. Arbeitsurlaub kann anscheinend auch sehr erholsam sein. Zum Frühstück sammeln wir unsere Kräfte für den Tag. Bei Baguette, Nutella und einem „ordentlichen“ Kaffee kann der Tag einem nichts mehr anhaben. Ich verliebe mich in den Zitronengrastee; ein wahrer Genuss.
Munter und gut gestärkt geht es ab auf die Baustelle. Am ersten Tag wurden wir hier mit einem großen Fest empfangen und konnten schon das Grundstück begutachten. Jetzt haben wir etwas mehr Ruhe, um die sieben Klassenzimmer, die Fundamente für den Konferenzsaal und die Labore zu besichtigen. Die zukünftige medizinische Berufsschule ist ein riesiges Projekt und ich bin erstaunt, was der kleine Verein „Projekt Misside e.V.“ hier schon alles erreicht hat. Nur mit Spendengeldern finanziert soll das Projekt überregionale Anlaufstelle für die Ausbildung von Krankenschwestern werden. Dazu werden bis mindestens zweite Hälfte 2017 die Arbeiten nicht ruhen und noch ein Internat mit 16 Zimmern, eine Lehr-Krankenstation und weitere Gebäude entstehen. Aber wir sind erstmal in der Gegenwart und haben jetzt schon eine ganze Menge zu tun.
Viel Besuch für die Berufsschule
Unsere geplanten Arbeiten sind das Streichen der Klassenzimmer, der Bau des Konferenzsaals, das Aufräumen des Grundstückes und die Beseitigung der Baumstüpfe und das Planen der nächsten Schritte. Dazu kommen noch viele kleine Dinge. In den letzten Monaten haben wir viele Werkzeuge nach Télimélé verschickt. Darunter auch eine Tischkreissäge, die wir gleich am ersten Arbeitstag aufbauen, einen Betonmischer und einen Generator; alles zusammen nehmen wir mit Freude in Betrieb und können die Bauarbeiter an den Geräten anlernen. Eine Pumpe für den eigenen Brunnen war ebenfalls in unserem Gepäck.
Am ersten Tag stehen die Damen der Streichkolonne erstmal ohne Arbeit da. Es fehlen so ziemlich alle Handwerkszeuge und die Farbe. Mit etwas Verspätung gehen dann aber alle ans Werk. Die ersten Tage gleichen die Klassenzimmer einem Ameisenhaufen. Die Gemeinden, in denen der Verein schon Schulen und Krankenstationen gebaut hat, entsenden Delegationen, die uns helfen sollen. Eine Delegation kommt aus über 40 Kilometern Entfernung an, und zwar zu Fuß. Es war der weiteste Weg der entsendeten Delegationen.
Uns gehen ganz schnell die Werkzeuge aus. Wir haben gar nicht genügend Spachtel und Pinsel, um jeden helfen zu lassen. Auch die Kommunikation und Organisation ist etwas schwierig. Wer hat wo schon gearbeitet und was muss noch gemacht werden? Zum Glück behalten die Damen die Übersicht.
Die Herren starten mit dem Transport der Steine für den Konferenzsaal. Eine absolut schweißtreibende Angelegenheit. Der erste Versuch mit einer Personenkette scheitert bereits am Anfang. Die Verluste an Steinen sind einfach zu hoch. Es bleiben nur die Schubkarren. Hunderte von Steinen müssen von dem Ort der Herstellung zum Fundament gebracht werden. Wir wechseln uns mit jeder Fuhre ab; zu anstrengend, dies den ganzen Tag zu machen.
Ich bewundere die Arbeiter auf freiem Feld. Sie schuften in brütender Hitze im „Hof“ der Berufsschule, um die Baumstümpfe zu entfernen und das Gelände zu säubern. In der zweiten Woche machen sie sich dann auch an die Arbeit, um das Gelände für das Internat zu ebnen.
Essen und gute Laune
Damit alle bei bester Laune bleiben, haben sich die einheimischen Frauen einen Platz im Schatten gesucht und bekochen uns fleißig mit Reis, Hirse, Ziege, Huhn. Frisches Obst gibt es auch immer genügend. Während am Morgen die Ziege noch ihre Bahnen auf dem Gelände zog, durfte so manche mittags schon in unserem Topf köcheln. Frischer geht es gar nicht mehr.
Die letzen Tage auf der Baustelle sind von Erfolg gekrönt. Wir erreichen ein Ziel nach dem anderen. Alle sieben Klassenzimmer sind innen fertig gestrichen und dekoriert und die Fassade ganz edel gemalert. Die Mauern des Konferenzsaales sind schon auf Kopfhöhe angelangt und alle Steine vorhanden. Selbst der Hof und die Fläche für das Internat sehen ordentlich aus.
Wir können stolz auf unsere Leistung sein. Wie jeden Tag nach getaner Arbeit, räumen wir noch auf und fahren zum Stausee. Diese Abkühlung haben wir uns redlich verdient!
Guinea – Schule fürs Leben
Teil 1 – Conakry im Morgengrauen
Teil 2 – Begrüßung à la Télimélé
Teil 3 – Berufsschule: Hier lernt man Schwitzen
Teil 4 – Die Natur ruft – Hochland von Guinea
Teil 5 – Grundschule: Jeder fängt mal klein an
Teil 6 – Schule fürs Leben – Das Video
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