Sächsische Schweiz – Wanderbar

Ich vermisse die Natur, die Berge und das Abenteuer aus Afrika. Mal wieder raus in die Natur; die Natur erleben und die Beine warm laufen. Die Wettervorhersage ist wechselhaft und ich suche nach einem Flecken in Deutschland, der am Samstag noch keinen Regen abbekommen könnte. Mein Finger wandert schon ungeduldig über die Karte und kreist über dem Osten. Dann springt er kurz in den Harz und dann kurz nach Stuttgart. Beides Mal muss ich meinem Finger diese Gedanken austreiben. Alles einfach zu weit weg für eine kleine Wochenendwanderung. Nun kreist er über Sachsen.  Der Finger wird vom Vogtland abgestoßen: vielleicht regnet es hier. Das Leipziger Neuseenland ist mir zu flach, ein wenig mehr Herausforderung habe ich meinem Finger schon zugetraut. Dann landet er mit einer wahnsinnigen Zielgenauigkeit an der Elbe. Die Sächsische Schweiz klammert sich mit dem Prädikat „Wanderbar am Samstag“ fest.

Follow the Shadow - Wanderbar

Follow the Shadow – Wanderbar


Es ist Jahre her, dass ich dort war. Ich erinnere mich nur noch wage an die Landschaft, aber die Bilder schweben vor meinem geistigen Auge. Die Wanderkarte aus der Kartensammlung lädt regelrecht zu einem Streifzug quer durch die Highlights ein. Die Wanderroute steht schnell fest. Jetzt muss ich nur noch in den Zug steigen. Wider müden Willen stehe ich am frühen Morgen am Bahnhof. Es ist 6 Uhr, die Sonne geht langsam auf und begleitet mich mit im Zug. Die goldenen Strahlen fluten den Wagen und lassen die Felder in klaren Farben erscheinen. Über Wiesen und Tälern liegt ein leichter Schleier aus Dunst, der sich langsam den Sonnenstrahlen nicht mehr zu widersetzen scheint und in kleinen Wehen in die Höhe schweift, bevor er sich auflöst. Ich steige in Dresden in die S1 und bin umgeben von hunderten Naturliebhabern, die auch in die Sächsische Schweiz ziehen. Die Fahrt beginnt in städtischem Gebiet, führt dann aber bald entlang der Elbe immer weiter in Richtung Elbsandsteingebirge. Mit jeder Station wird es voller im Zug und die Naturfreude in mir steigt.
Goldener Morgen am Bahnhof

Goldener Morgen am Bahnhof

Die Bastei

Meine Station kündigt sich langsam an. Nur noch an Obervogelgesang vorbei bis zum Bahnhof von Wehlen, meinem Ausgangspunkt der Wanderung. Mit mir verlassen gefühlte 100 Menschen den Zug. Wo auch immer sie hin entschwinden, auf der kleinen Fähre über die Elbe sind sie nicht. Die Fähre bringt mich auf die andere Seite in die Innenstadt von Wehlen. Ich hatte schon etwas Angst, dass wegen des Niedrigwassers keine Fähren fahren würden, aber das bestätigt sich zum Glück nicht und ich muss nicht durch die Elbe staksen.

Markplatz von Wehlen

Markplatz von Wehlen



Trockenen Fußes gelange ich auf den malerischen Marktplatz mit dem Rathaus. Von hier aus beginne ich und folge dem Malerweg in Richtung Bastei. Nur einige Meter aus der kleinen Stadt hinaus wird es ruhig. Es geht vom Elbufer langsam in die Höhe. Vorbei an Grenzsteinen, die nur noch die Jahreszahlen erahnen lassen, windet sich der Pfad durch leichten Wald immer weiter den Felsen hinauf. Über dem Schutz der Blätter beginnt der Tag sich langsam zu entfalten. Es wird wärmer und die Sonne durchbricht das Blätterwerk. Spannend sind die schon vereinzelt auf dem Boden liegenden rot-braunen Blätter, die dem Herbst vorrauseilen und die Wanderung farbenfroh begleiten.
Mein Weg kreuzt den Steinernen Tisch an der Bastei. Von hier aus ist es nicht mehr weit zum ersten Höhepunkt der Wanderung. Die ersten Spaziergänger aus dem Umfeld der Bastei tauchen auf. Die Zufahrtsstraße bringt eine neue Geräuschkulisse in die Idylle und kündigt Touristen und Infrastruktur an. Es ist schon der erste Aussichtspunkt auf dem Weg, der mir den Atem raubt. Die Felsenlandschaft vor mir erstrahlt und die wohl geformten Felsen liegen vor mir. Eine Freude für das Auge und jedem Kletterer würde das Herz aufgehen.
Blick von der Bastei

Blick von der Bastei


Ich folge der Straße und stehe auf der Bastei. Der Blick erstreckt sich über das Elbtal. In grellen Farben scheint die Landschaft und wird vom breiten blauen Band der Elbe durchschnitten. Der Panoramablick schweift weiter über die Basteibrücke zur Felsenburg Neurathen. Auf über 180 Metern über der Elbe trotzte einst eine mittelalterliche Burg. Heute drängen sich die Touristen über die Brücken und Pfade der Burg.
Ich kehre um und steige über die Schwedenlöcher zum Amselsee ab. Die Beine sind noch fit, also geht es gleich weiter durch den Kurort Rathen.
Gierseilfähre in Rathen

Gierseilfähre in Rathen


Der Lilienstein

Der Wanderweg führt mich aus Rathen hinaus. Entlang der Elbe machen kleine und große Plaketten auf die größten Hochwasser aufmerksam. Kaum zu glauben, dass 2002 der Weg auf dem ich durch die Landschaft streife, mehrere Meter unter Wasser stand. Die Elbe scheint mit ihrem Niedrigwasser Welten entfernt. Es fehlen wahrscheinlich neun Meter zu dem Höchststand und mir bleibt unerklärlich wo soviel Wasser herkommen kann. Der Weg ist wunderbar hergerichtet und unter den Bäumen ist die Mittagssonne erträglich. Dabei ziehen schon hier und da kleinere Wölkchen auf und bereiten die Vorhut vor der angekündigten Bewölkung. Von der Elbe schweben Freudenschreie ans Ufer. Es sind Kajak- und Schlauchbootfahrer, die sich den Strom abwärts treiben lassen. Der Wanderpfad knickt ab und führt mich aus dem Wald heraus auf die gelben abgeernteten Felder. Baumreihen durchkreuzen die Landschaft und trennen die Besitztümer voneinander. Mir bieten sie Schatten und dennoch die Aussicht auf den Lilienstein. Dieser baut sich langsam vor mir auf und präsentiert sich von seiner Nordseite.

Lilienstein

Lilienstein


Nach etwas über einer Stunde Marsch ab Rathen gelange ich an den Fuß des Liliensteins und beginne den Aufstieg. Mein flotter Schritt wird nur durch andere Wanderer gebremst und ich bummle in angenehmer Gesellschaft den Berg hinauf. In der letzten Biegung überhole ich sie an einem Aussichtspunkt. Dafür genieße ich auf dem Plateau die Aussicht und blicke zurück auf die Bastei und voraus auf die Festung Königsstein. Sie thront mächtig auf der anderen Elbseite. Ihre Größe lässt die Entfernung zu ihr schwinden.
Über die Südseite husche ich den Weg hinunter. Auf halber Höhe halte ich an und beneide die Kletterkünstler. Lange hing ich nicht mehr in der Wand. Gerne würde ich mitmachen und das Adrenalin spüren.
Kletterer am Lilienstein

Kletterer am Lilienstein


Heute nicht mehr. Also quere ich das letzte Feld und überwinde die letzten Höhenmeter um wieder auf das Elbniveau zu kommen.
Mit den ersten und einzigen Regentropfen erreiche ich die Fähre nach Königsstein.

Die Festung Königsstein

Der Himmel ist mittlerweile zugezogen und spendiert keine Sonne mehr. Zurück auf dem Malerweg steige ich knappe 30 Minuten zur Festung auf. Mein Wasservorrat neigt sich seinem Ende und auf den letzten Zügen lasse ich mir meine Flasche nochmals am Fuße der Festung auffüllen.

Kanonen blicken über die Landschaft

Kanonen blicken über die Landschaft



Mit großem Erstaunen passiere ich die Kasse der Festung. Happige 10 Euro Eintritt schlugen sich auf mein Budget nieder. Für sehr knappe 1 1/2 Stunden Besuch ein stolzer Preis. Ich hätte vielleicht 2 oder 3 Stunden planen sollen. Aber jetzt haste ich nur noch durch die Ausstellungsräume. Als der Himmel wieder aufklart stehe  ich auf den Festungsmauern und blicke in das tiefe Tal hinab. Die Elbschleife deutlich sichtbar. Auf der linken Flussseite rattern die Züge in Richtung Tschechien und zurück nach Dresden. Ein wunderbarer Ausblick und ein schöner Punkt, um die Wanderung zu beenden. Nur noch ins Tal runter rollen und im Zug die Füße ausstrecken.

Ich vergebe dem Tag das Zertifikat: Sächsische Schweiz – Wanderbar!

Zug nach Dresden

Zug nach Dresden

2 Antworten zu “Sächsische Schweiz – Wanderbar

  1. Hey Dominik,
    bei deinem Artikel möchte ich gleich wieder los. Ich bin im Oktober auch seit langem mal wieder in der Sächsischen Schweiz unterwegs gewesen – wollte meinen Freundinnen mal meine alte Heimat zeigen. Und ich war so begeistert. Am liebsten wäre ich den ganzen Malerweg gegangen, aber wir hatten auch nur einen Tag Zeit. Es wird aber nicht das letzte Mal gewesen sein. 🙂
    Lieben Gruß
    Elisa

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