Wenn alles so Mafia wäre

Wenn Informationen häufig und wenig hilfreich sind, sind es sicher welche über Mafia und wie man dort ohne Flugzeug hinkommt. Die Wahrheitsfindung war ein spannender Prozess.

Fischer in Kilindoni

Fischer in Kilindoni

Die Fähre um 10

Durch Zufall sollte es dieses Mal eine spontane Reisegruppe sein, die die Reise nach Mafia antreten würde. Heila kannte ich schon aus Arusha und Adi und Frederic schlossen sich uns an. Nach gründlicher Auswertung der uns zur Verfügung stehenden Informationen entschieden wir uns für die wahrscheinlichste Zeitplanung. Jeden den wir befragten, hatte zur Mafia-Fähre eine andere Meinung, vielleicht auch Erfahrung. Erste Quelle: unsere Guide-Bücher. Selbst diese konnten sich nicht entscheiden, wann die Fähre fährt. Zwei Zeitzeugen berichteten uns wiederum andere Zeiten und Wege. Während unsere Meinungen nochmal vier Möglichkeiten hinzu addierten. Wir entschieden uns also für die Variante: Früh aufstehen – heißt: um 6 Uhr in Mbgala nach Nyamisati losfahren und unter optimalen Wunschbedingungen um 9 Uhr ankommen und um 10 Uhr die Fähre nehmen. Bis zur Ankunft in Nyamisati funktionierte unser Plan auch hervorragend. Selbst der Dalla-Dalla Kontrolleur machte uns Hoffnungen, als er beim Kapitän anrief und uns auf Suaheli sagte: „Saa Kumi“, was 10 Uhr heißt. Der Rest löste sich in Übersetzung auf und kam nur als Kuddelmuddel bei uns an.
Wir schleppten also unser Gepäck an den Anleger,  keine 50 Meter von der Endhaltestelle entfernt.
Ebbe. Boote. Leute.

Ankunft der Fähre aus Mafia in Nyamisati

Ankunft der Fähre aus Mafia in Nyamisati

Alles deutete auf Theater hin, nur war irgendwie keiner in Stimmung, uns über das Stück zu informieren. Ignoranz pur. Vielleicht auch Scheu vor dem englisch-sprechenden Weißen. Nach kurzen Verwirrungen hörten wir heraus, keine Fähre heute. Morgen um 10 Uhr . Aber wieso nicht heute um 10 Uhr?  Ebbe.
Da war es wieder: die Zeit. Nach lokaler Zeit 10 Uhr,  ist 4 Uhr morgens internationale Zeit. Wir hatten nun endlich verstanden. Morgen sollte es weiter gehen.

Spoiler Alert

Zeit genug für einen Kaffee dachten wir uns. Bevor wir dazu kam,  luden wir unsere Sachen im Gästehaus am Hafen ab und machten Bekanntschaft mit Spoiler. Einer der wenigen im Ort mit guten Englischkenntnissen und sicher sinnvoll, ihn bevor man nach Mafia übersetzten möchte, zu kontaktieren.
Er übersetzte uns auch gleich das nächste Hindernis: Morgens gibt’s keinen Kaffee, nur Tee. Abends gibt’s Kaffee. Ich glaube hier ist nicht nur die Zeit um 6 Stunden verschoben.
Der Tee war dafür süß und versüßte uns das Ciabatti zum Frühstück.

Die Arche am Markt

Als dann um 11 Uhr die Fähre aus Mafia ankam, konnten wir uns schon mal ein Bild von unserem Schicksal machen. Auch das Gewussel sollte ein kleiner Vorgeschmack auf den nächsten Tag sein. Wir ließen dann voller Respekt den Hafen hinter uns und liefen die Hauptstraße einige hundert Meter zurück ins Landesinnere. Auf dem Weg begegnete uns ein kleines Kind, das vor seinem Vater schreiend wegrannte. Es bog um die Hausecke, sah uns, machte eine 180 Grad Drehung und rannte noch lauter schreiend in die Arme des Vaters. Nur weit weg von uns. Ein anderes Kind fing laut an zu kreischen, als es sein Vater animieren wollte, sich von uns fotografieren zu lassen.
Am Markt von Nyamisati trafen wir durch Zufall auf Noah. Passend zu seinem Namen arbeitet er für die Kirche und berät und klärt den lokalen Mangti Stamm in medizinischen Fragen wie HIV, Beschneidung von Frauen und Erste Hilfe auf. Wir fragten vorsichtig an, ob man die Mangti besuchen könnte. Er telefonierte kurz herum und stellte uns Jonasi und Joni vor. Jonasi, in traditioneller Kleidung und Joni, sehr modern gekleidet, erklärten sich bereit, uns ihre Herden und Hütten zu zeigen. Leider konnte uns Noah zum Übersetzen nicht begleiten, aber wir kamen dennoch sehr gut zurecht und hatten unseren Spaß.

Mangti Hirten in Nyamisati

Mangti Hirten in Nyamisati

Die beiden marschierten also los. 1 1/2 Stunden querfeldein bis wir die ersten Kuhherden erreichten. Sie zeigten uns dann noch die simplen Hütten von Jonasi und wir konnten sein Kind und seine Frau treffen. Neben Kühen zeigten sie uns auch ihre Ziegenherde und einige Esel.
Auf dem Rückweg zum Hafen begegneten wir noch weiteren Herden von Jonasi. Trotz Übersetzungslücken empfanden wir die Tour als sehr offen, herzlich und authentisch.

Mangti Hirten in Nyamisati

Mangti Hirten in Nyamisati

10 Uhr und das Rennen beginnt

Brutal früh standen wir am Pier und es war Flut. Nicht nur der Wasserstand ließ gutes vermuten, sondern auch die Flut an Menschen. Die kleine Fähre wurde mit allem beladen was sich tragen oder schieben ließ. Und das auch nicht zu knapp. Wir standen uns erstmal die Beine in den Bauch und warteten in der Dunkelheit auf unseren Einsatz. Das frühe Aufstehen hat sich dann aber trotzdem gelohnt, denn wir standen weit vorne und konnten uns beim Gedränge um die besten Plätze etwas zum Sitzen sichern. Viele der wahrscheinlich 150 Personen nahmen dann für die vier Stunden Überfahrt auf dem Boden Platz. Grauenhaft beengt und nur zwei Rettungsringe. Die Arche lässt grüßen. Die Überfahrt war dann vom Seegang auch sehr unangenehm und hinterließ kreidebleiche Gesichter.

Auf der Fähre nach Mafia

Auf der Fähre nach Mafia

Auf Mafia legten wir vor der Küste von Kilindoni an. Der Ehrenkodex verlangt: Frauen und Kinder zuerst. Eigentlich. Auf Mafia gilt, der stärkste zuerst, alte Frauen zuletzt. Auch das Motorrad wurde noch vorher auf ein kleines Boot umgeladen und als das dann zu groß war, wiederum in ein noch kleineres Boot. Wir taten es dem Motorrad gleich und liefen zum Schluss dennoch noch 200-300 Meter zum Strand.
Fix und alle war der Tag hier für uns fast gelaufen. Ich verärgerte noch eine Runde Taxifahrer und „Guides“, indem ich sie mit „You are probably a driver or guide and please let me arrive first. I don’t need anything right now.“ begrüßte, bevor ich erstmal einen langen Nachmittagsschlaf hielt.

Versteckspiel auf Chole Island

Nur 10 Minuten mit dem Boot von Utende auf Mafia entfernt liegt Chole Island.

Aussicht über die Chole Bucht

Aussicht über die Chole Bucht

Am „Eingang“ wird man vom Red Herring begrüßte. Dort erhielten Frederic und ich auch eine kleine handgemalte Karte von der Insel aus dem Jahre 2003. Mit folglicher Genauigkeit fanden wir zwar noch die Boma und das Gefängnis, aber das Haus von arabischen Händlern sollte uns verborgen bleiben.

Alte Boma auf Chole

Alte Boma auf Chole

Gefängnis auf Chole

Gefängnis auf Chole

Wir begegneten zwei älteren Frauen auf unserer Suche. Eine fragte uns auf englisch: „Where are you going?“. Wir lasen pflichtbewusst die Händlernamen vor. Die Antwort auf englisch: „Where ARE you going?“. Wir wiederholten unsere Aussage mit etwas mehr Einsatz von Händen und Betonung der englischen und arabischen Anteile. Die folgende Frage brachte uns dann aber erstmal aus dem Konzept: „Do you not speak any English?“
Perplex und irritiert einigten wir uns mit der Frau einfach in irgendeine Richtung weiter zu laufen. Die Häuser blieben verschollen. Dafür fanden wir dank eines Kindes die alte Moschee überwuchert und im Märchenschlaf. Alleine deshalb und wegen des Friedhofs hinter der Moschee hat sich die Überfahrt gelohnt.

Alte Moschee auf Chole

Alte Moschee auf Chole

Unterwasser-Fortsetzung

Was auf Chole mit Begeisterung für Mafia begann setzte sich unter Wasser fort. Innerhalb der Bucht an der Chole Wall war die Sicht noch eingeschränkt, außerhalb an der Jena Wall ging die Sichtweite auf fast 15-20 Meter hoch und die Farbenpracht und abwechslungsreichen Meerestiere begeisterten mich. Zwei Wasserschildkröten auf einmal waren wirklich das Highlight. Neben den Perhenian Islands in Malaisia war Mafia der schönste Ort zum Tauchen bisher in meiner kurzen Tauchkarriere.

Mafia – speziell und anders

Mafia beeindruckt durch seine Verplantheit. Alles etwas chaotisch, exotisch. Die Insel weiß, was Touristen sind, ist aber irgendwie noch nicht auf sie professionell vorbereitet. Das macht für mich den Charme eines Ortes „Off-the-beaten-track“ aus. Wir sind gut mit dem Dalla-Dalla von Kilindoni nach Utende gekommen. Haben alles bekommen, was wir wollten und konnten dennoch abends bei „Mama“ auf dem Markt von Kilindoni lecker, lokal und allein unter Einheimischen essen.

Strand von Kilindoni

Strand von Kilindoni

Die Fähre ist ein absolutes Abenteuer und der Weg damit zurück morgens um 6 Uhr genauso anstrengend wie der Hinweg, nur das man hier definitiv nicht trocken an Bord kommt und Ellenbogen ohne Respekt braucht. Dafür wartet auf der anderen Seite in Nyamisati das Dalla-Dalla und verfrachtet einen, wenn man möchte, gleich zurück nach Dar-es-Salaam ins nächste Abenteuer.
Wenn alles so Mafia wäre…

Und definitiv Fragen stellen. Ich ergänze gerne Details zur Insel und zur Fähre!

Eine Antwort zu “Wenn alles so Mafia wäre

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