Ein Kilo Datteln zum Auftakt

Wie komme ich auf schnellsten Weg zu einem Kilo Datteln? Ich glaube diese Frage habe ich mir vor Abflug in Leipzig nicht gestellt. Da gingen mir doch eher andere Fragen durch den Kopf. Wie werden die nächsten vier Wochen im Iran? Werden meine Vorstellungen wenigstens ein wenig getroffen? Reicht das Geld?

An der Passkontrolle frage ich einen Beamten, ob er mir einen deutschen Ausreisestempel geben kann. Ich habe ihn noch nie gesehen und würde auch gerne ein solches Schmuckstück in meinem Reisepass haben. Auch wenn man ihn nicht wirklich braucht und eine Menge fragende Blicke durch die Scheibe des Schalters erhält, so hat es sich gelohnt. Einen kurzen Plausch mit dem Bundespolizisten und einige interessante possitve Worte zum Iran; schon bekomme ich den kleinen, schlichten Stempel. Meinem Flug nach Teheran steht nun nichts mehr im Wege.

Deutscher Ausreisestempel

Deutscher Ausreisestempel

Der Morgen danach

Ich habe es mir eigentlich so gewünscht, aber wenn dann die Realität kommt und man um 4 Uhr morgens am Flughafen von Teheran steht, weiß man nicht mehr so wirklich, warum man sich überhaupt sowas antut. Natürlich, da war die Überlegung, sich in Ruhe zu orientieren und gemütlich ankommen. Die Wirklichkeit sieht viel zu schön aus. Die Orientierung ist schnell erledigt, das Geld wunderbar einfach und unkompliziert getauscht und die Taxis kosten alle gleich viel. Organisiation ist hier eine Tugend. Fast! Aber dazu später mehr (Falls mir überhaupt was einfallen sollte, was nicht organisiert ist!).

Bin ich im falschen Film? Die Ehrlichkeit der Menschen ist unübertroffen. Schon nach nur 60 Minuten auf iranischem Boden und einen schrecklichen Anfängerfehler später, muss ich sagen: das Land gefällt mir. Was war der Anfängerfehler? Ich habe, obwohl ich es mir fest vorgenommen hatte, die Preise der Geldwechselstuben nicht verglichen. Ich habe mich schon bei der ersten Wechselstube so über den „guten“ Wechselkurs gefreut, dass ich sofort Geld getauscht habe. Mit meiner Freude kam der Wunsch, noch mehr zu tauschen. Der Mann hinter dem Schalter schaute mich nur verdutzt an und gab mir klar zu verstehen, dass er einen schrecklichen Kurs hätte und ich doch lieber woanderes mehr Geld tauschen sollte. Ich habe den Abschnitt im Reiseführer erst später gelesen. Der „erste Markt“ ist der staatlich kontrollierte und wechselt zu den auch im Internet kursierenden Raten. Der „zweite Markt“ hat fast 25% bessere Raten und den habe ich natürlich erst im zweiten Schritt gefunden. Besser wäre hier mal gewesen, den zweiten vor dem ersten Schritt zu machen. Nagut. Schwamm drüber.

7 Uhr und die Sonne

So schnell und einfach war die Welt selten an einem Flughafen. Aber dennoch, es ist dunkel draußen und was will ich in einer schlafenden Stadt? Ich will eigentlich gar nicht nach Teheran. Viel zu groß und ich war noch nie ein Fan von groß und verwirrend. Eine Bank im Terminal muss herhalten. Eigentlich ist der Plan, zu schlafen, aber ich treffe ein australisches Pärchen und wir kommen ins Gespräch. Wir warten zusammen bis die Sonne aufgeht. Naja, aufgehen im Smog? Wir sehen sie erst eine halbe Stunde später. Die Luft ist einfach nur hell, diffus und komisch.

Die Zeit ist gekommen, das Terminal endlich zu verlassen. Wir nehmen uns ein klappriges Taxi. Den Euro für ein neueres Taxi sparen wir uns aus Prinzip. Es muss ja nur fahren können, so der allgemeine Konsens.

Schlußendlich lande ich jetzt doch in Teheran am Busterminal. Hier wollte ich zwar gar nicht hin, aber ich habe einfach keinen Taxifahrer gefunden, der mich nur bis zur nächsten Auffahrt der Autobahn Richtung Süden fahren wollte. Egal, so soll es sein. Ich lerne also im morgendlichen Schnellverfahren das Bussystem im Iran kennen. Leicht verwirrend, da man nur von helfenden, freundlichen Leuten umgeben ist, aber ich begreife schnell, dass man sich einfach nur treiben lassen muss. Sie kümmern sich schon, dass man auch den richtigen Bus erwischt.

Fernbus in Teheran

Fernbus in Teheran

Irgendwie beruhigend, dass man sich auf die Menschen verlassen kann.

Kaffeekränzchen im Heiligtum

Die Busfahrt vergeht wie im Schlaf. Vielleicht auch, weil ich wirklich mal die Augen zumachen kann. Ich bekomme nicht viel mit vom Land zwischen Teheran und Qom. Ich wache gerade so rechtzeitig auf, um in Qom dem Busfahrer sagen zu können, dass ich hier aussteigen möchte. Er versteht zwar nicht viel von meinem wirren englischen Sätzen im Halbschlaf, aber seine Erinnerungen kommen zurück. Ich war doch der, der nur bis Qom wollte. Ich habe nämlich den Direktbus nach Shiraz bestiegen und die Ehre dazu, nur einen Bruchteil der Strecke zu fahren. Ein Service der Busgesellschaft, damit ich meine neuen Freunde aus Australien noch mit leichtem Schlaf länger beglücken kann.

Ein netter Taxifahrer sieht mir sofort an, wo ich hin möchte. Ich lande schneller auf dem Beifahrersitz, als dass ich meinen brandneuen und unbenutzten Reiseführer aus meinem Rucksack befreien kann und ihm nochmal das Reiseziel, den Schrein der Fatima Masuma zeigen kann.

Schrein der Fatima Masuma

Schrein der Fatima Masuma

Meine erste Sehenswürdigkeit im Iran ist also der Schrein der Fatima Masuma. Ich bin total überfordert und übermüdet, um zu begreifen, vor was ich überhaupt stehe. Ich kenne auch noch nicht die Regeln für die Besuche. Nagut, ich gebe mich unwissend und so sehe ich wahrscheinlich auch aus, als mir die Wache erklärt, ich solle um die Ecke gehen und mein Gepäck abgeben. Ich bin noch leicht unentschlossen, lasse dann aber meine Tasche zurück und werde einer Führerin, die schon eine Spanierin im Gepäck hat, zugeordnet. Meine Kamera überlegt sich noch, ob sie das Debüt auf iranischen Boden wirklich aufnehmen möchte. Ich kann gar nicht so schnell den Ausführungen der Führerin lauschen, wie sie durch die Geschichte des Ortes hastet.

Dass eigentlich der Ort der Ruhe und Besinnung für mich im Stress mündet, war nicht geplant. Wir kommen ans andere Ende des Komplexes und betreten einen kleinen Raum. Ich vermute zuerst, es ist ein Teil der Tour, dann werden wir aber zum Ruhen aufgefordert. In einem wohl dekorierten Raum mit riesigem Kronleuchter und bequemen Sesseln zum Einschlafen, lassen wir uns nieder. Eine weitere Gruppe Rucksackreisender nimmt auch Platz und wir schauen uns in großer Runde schweigend an. Keiner weiß wirklich, was er hier soll.

Erste Einladung zum Tee

Erste Einladung zum Tee

Der Vorhang am anderen Ende des Raumes öffnet sich und auf kleinen Tabeletts wird Tee und ein kleiner verpackter Kuchen gereicht. Der kleine Raum spuckt auch eine Dame mit Aufnahmegerät aus und wir befinden uns sogleich in einem propandagistischen Interview. Wie wir den Iran finden? Was wir über die Religion gelernt haben? Welche Schlüsse wir aus der Geschichte dieser schönen Moschee ziehen. Ich würde gerne einfach nur schlafen. Die Führung habe ich schon verpennt und nur Bruchstücke mitbekommen. Es füllt mich mit Freude, vielleicht auch einem kleinen Glücksgefühl, als die Polen antworten müssen und ich nur zustimmen brauche. Ich spare somit meine letzten Energiereserven, die ich noch brauche, um wieder zurück zur Bushaltestelle zu kommen.

Tarouf – Keine Rede wert

Die Fahrt mit dem Taxi ist schnell vorbei und ich begegne zum ersten Mal bewusst dem Sinn des Wortes „Tarouf“. Mein Taxifahrer lehnt das Geld mit den Worten „Keine Rede wert“ ab. Ich schaue leicht verdutzt, erinnere mich aber nach schnell an einen kleine Absatz im Reiseführer. Ich biete ihm das Geld nochmal an und siehe da, er nimmt es an. Was für ein Glück! Ich habe das Spiel „Tarouf“ gewonnen. Das war „Level 1“. „Level 2“ von Tarouf ist um Welten schwerer, wie sich in den nächsten Tagen zeigen wird. Als mir Wochen später ein Iraner verrät, dass er auch Probleme mit Tarouf hat, wird mir klar, dass Tarouf keinen Endgegner hat, es aber unendlich schwer werden kann.

Das Kilo Datteln

Unkompliziert verfrachtet mich ein Bus nach Kashan und ich habe mein Tagesziel erreicht. Ich richte mich fix ein und ziehe nach Einbruch der Dunkelheit nochmal kurz los auf den Bazaar. Das letzte Ziel des Tages.

Bazaar von Kashan

Bazaar von Kashan

Mit leichtem Hungergefühl sollte man nicht einkaufen gehen. Das kennt man auch aus der Heimat. Ich suche mir also einen Stand mit Datteln. Mein Farsi begrenzt sich noch auf das Wort „Nein“. Daher zeige ich mit Freude auf die Datteln. Der Händler übersieht meine kleine Handbewegung zur Menge, zeigt mir aber einen Geldschein im Wert von 1,25€. Nun gut. Klingt nicht so viel und für den kleinen Hunger sollten die Datteln reichen. Ich hätte vielleicht mal den Preis auf Farsi lesen sollen. Schneller als ich auch mich nur an das Wort „Nein“ erinnern kann, halte ich ein Kilo Datteln in der Hand.

Nur gut, dass ich Datteln liebe.

Gewürze, Kekse und Datteln ohne Ende

Gewürze, Kekse und Trockenobst ohne Ende

1001 Nacht als Karte

    Wie teuer ist es im Iran?

    Für alle Reiseinteressierten gibt es auf der Seite Wie teuer ist die Welt? – Iran eine Zusammenstellung der Kosten für die Reise in den Iran.

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