Moskau – Im Spiel der Kontraste

Größer könnte der Kontrast gar nicht sein. Vom Kaukasus direkt in die Metropole Moskau. Am Morgen zwitschern noch die Vögel zum Sonnenaufgang, die Berge erleuchten in den ersten Sonnenstrahlen und vor der Tür steht unser Taxi. Steffen und ich sind gestern erst vom Elbrus abgestiegen, heute morgen quälen wir uns aus den Betten und keine 10 Stunden später sind wir fast 80 Meter unter der Erde: in der U-Bahn Moskaus. Es ist laut, die Luft steht und erst der einfahrende Zug bringt einen Luftstrom in die Station. Eine frische Bergbrise ist es absolut nicht.

U-Bahnstation Moskau

Einfahrt in die Unendlichkeit

Mit einem lauten Knall schließt sich die Tür hinter uns. Wir stehen in der Metro, die Rucksäcke auf dem Rücken und hoffen darauf, dass wir in die richtige Richtung fahren. Eigentlich bin ich mir ziemlich sicher. Uns scheint die Unsicherheit regelrecht ins Gesicht geschrieben zu stehen, denn an der nächsten Station steigt eine Frau aus und bevor sie den Wagen verlässt, dreht sie sich um, lächelt uns an und zeigt auf die aktuelle Station auf der Metrokarte über der Tür. Wir schenken ihr eine dankbares Lächeln zurück. Plötzlich sind einfach nur überall Menschen. Der Umstieg gelingt dennoch gut. Nur noch zwei Stationen. Im Vergleich zu den sanften Tönen und manchmal heftigen Winden sind die Geräusche hier unten einfach nur ohrenbetäubend. Umso glücklicher sind wir, als wir an der Christ-Erlöser-Kathedrale aussteigen und in dem kleinen Park rund um die Kathedrale landen. Nur wenige Minuten später steht mir im sommerlich heißen Moskau der Schweiß auf der Stirn. Mein Rucksack wird gefühlt immer schwerer, wenn man von den eigentlichen 20 Kilo absieht. Der Weg ins Hostel in der ehemaligen Schokoladenfabrik „Roter Oktober“ ist nicht weit, aber die Stadt erschlägt mich regelrecht.

Christ-Erlöser-Kathedrale

So fern war Moskau immer; im Fernsehen, im Radio und in der Zeitung. Jetzt stehen wir im Zentrum der Macht. Von der Brücke über die Moskwa aus können wir den Kreml sehen. Sicher werden wir ihm noch näher kommen, jetzt heißt es für uns erstmal „ankommen“. Schon voll geladen mit Eindrücken schlendern wir mit unserem Gepäck in unser Quartier im „Roten Oktober“. Unser Zimmer ist klein und nimmt mir jegliche Freiheit, die ich in den Bergen genießen konnte. Ich muss mich arrangieren. Ich werde mich arrangieren. Vielleicht!

Unwissenheit schützt vor Strafe nicht

Wir packen unsere Kamera aus und gehen der Sonne entgegen. Die ersten freien Schritte ohne Rucksack in Moskau. Auf den Sperlingsbergen rund um die Universität finden wir die letzten Sonnenstrahlen des Tages. Schon von weitem hören wir das Röhren von Motoren. Es sind die Klänge der gepimpten „Schlitten“ der Moskauer Jungend. Vor dem Uni-Hauptgebäude fahren sie auf und ab, spielen laut Musik und lassen hier und da den Motor aufheulen. Wäre jetzt Freitag abend, wir würden sicher im Trubel untergehen, erzählt uns der Kaffeeverkäufer des „Café-Mobils“ vor dem Haupteingang. Während er sich von uns etwas „ausquetschen“ lässt, brüht er am Heck seines Autos einen wunderbaren Cafè Latte.

Sperlingsberge und die Uni

Mit dem Cafè in der Hand schlendern wir zu der Promenade oberhalb der Moskwa. Das Klientel ändert sich schlagartig. Aus Studenten mit ihren aufgemotzten Karren werden Männer und Frauen auf Motorrädern. Fein säuberlich geparkt stehen ihre mobilen Gefährten entlang der Promenade mit bester Aussicht über Moskau. Um sie herum wimmelt es nur so von Touristen und wir fügen uns in das Bild ein.

Moskwa Fluß

Wir tauchen schnell wieder unter und treffen auf das nächtliche Moskau. Nach einer absichtlichen Irrfahrt mit der Metro, entlässt uns das System am Roten Platz. Es ist elf Uhr nachts und der Platz ist voll. Wieder sind wir unter Touristen. Vor allem Chinesen tummeln sich auf dem riesigen Platz. Das Kaufhaus GUM erleuchtet den Platz wie ein Weihnachtsbaum ein Wohnzimmer. Wir genießen die Atmosphäre,die von dem Platz, den hohen Kreml-Mauern und der Basilius-Kathedrale an seinem Ende ausgeht. In der Nacht wirkt die Stadt auf mich beruhigend. Die Straßen sind fast leer, sechs Spuren gefühlte Freiheit und dennoch ist die Nacht ganz anderes als in den Bergen.

Roter Platz Moskau

Freunde und gutes Essen

Während sich die Sehenswürdigkeiten am nächsten Tag nicht vor uns verstecken streifen wir durch die Stadt. Ziellos und leicht enttäuscht finden wir einfach nichts, an dem wir uns wirklich erfreuen können. Moskau ist für uns einfach nur eine Stadt. Eine große Stadt mit unendlich vielen Möglichkeiten, die wir nicht nutzen wollen. Zu sehr liegt das Erlebte in den Bergen noch in unseren Köpfen.

Steffen mit Kamera

Mit Proviant im Gepäck schlendern wir in Richtung Gorki Park, lassen uns nieder und chillen. Wirklich genussvoll im Vergleich zu der russischen Küche in den Bergen ist unser Sandwich nicht. Aber etwas im Magen ist immer gut. Die Sonne geht langsam unter und der Park wird immer voller. Direkt an der Moskwa entlang fühlen wir uns nun richtig wohl. Ein Ort der Freude und Lebenslust springt uns entgegen. Keine wirkliche Ruheoase, aber zumindest keine Stadt, die uns überwältigt. Am Ufer tanzen hunderte Menschen zu den verschiedensten Klängen, auf einem See paddeln Pärchen in kleinen Booten und in der Nähe des Eingangsportals springt Wasser zu den verschiedensten Klängen.

Tanzende im Gorki Park

Wir treffen hier auf Alexey. Es ist fast zwei-ein-halb Jahre her, als wir uns das letzte Mal gesehen haben. Nach unseren gemeinsamen Tagen in Tansania, verabschiedeten wir uns am Abend und ich schlich am nächsten Tag in aller Herrgottsfrüh aus dem Hotel in Dar-es-Salaam, um die Südküste Tansanias zu erkunden. Wir gingen unsere Wege und hier treffen wir uns wieder. Es ist ein herzliches Willkommen in seinem Moskau und darauf stoßen wir an.

In einem Restaurant mit russischer und ukrainischer Küche flirtet er gefühlte fünf Minuten mit der Kellnerin und verhandelt unsere Bestellung. Wir dürfen nicht mitreden. Auch unserer geschmälerter Appetit wird liebevoll ignoriert. Als der Tisch voll steht, sortiert er die Schnäpse nach ihrer Stärke und wir stoßen zusammen an: auf unsere Freundschaft, auf die Völkerverständigung, auf unsere Gesundheit und auf sein Moskau!

Willkommen im Herzen Russlands!

Russische Freundschaft

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